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RetailWatch - Aktuell

Amazon zum Trotz - Günzburg wehrt sich

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Quelle: pixabay.com - Abbildung Public Domain bzw. gemeinfrei nach CC0 1.0 Universell (CC0 1.0) -
Bearbeitung: Michael Borchardt


Günzburg, 27.7.2018 - Der Trend zur „verödeten Innenstadt“ zeigt sich zuallererst in den Klein- und Mittelstädten des Landes.

Leere Geschäfte, ganzjährige Streichpreise und Sonderangebote bis hin zu Räumungsschlussverkäufen und Leerständen - das volle Programm.

Kommunalverantwortliche schaudert es bei dieser Vorstellung, aber auch längst nicht allen Einwohnern und Besuchern gefällt dieses Szenario. 

Wie kann eine Lösung aussehen?

Die bayerische Stadt Günzburg, als Grosse Kreisstadt mit gut 20.000 Einwohnern zwischen Ulm und Augsburg gelegen, hat seit nunmehr gut einem Jahr einen „digitalen Marktplatz“ - wir-in-guenzburg.de.

Hervorgegangen aus der Bewerbung im Rahmen des Modellvorhabens „Digitale Einkaufsstadt Bayern“ bekamen die Verantwortlichen aus Politik und Handel im Vorfeld zwei Jahre lang Unterstützung durch ein Expertengremium bestehend aus der CIMA Beratung + Management GmbH, der BBE Handelsberatung sowie der elaboratum GmbH - betrieben wird der lokale Marktplatz nunmehr durch den Münchner Anbieter atalanda GmbH.

Rund 50 Einzelhändler, Dienstleister, Gastronomen, Hotels sowie städtische Einrichtungen sind inzwischen auf der Handelsplattform „WIR SIND GÜNZBURG - der neue Online-Marktplatz für Günzburg“ vertreten.

Der Anbieter atalanda bietet dabei Interessenten ein günstiges Paket zum Going-Online an, kümmert sich dabei jedoch „nur“ um die Kernfunktionalitäten des lokalen Marktplatzes.

Aufgaben des Marketing, der Werbung, Suchmaschinenoptimierung bis hin zum Fotografieren und Betexten der Produkte verbleiben bei den teilnehmenden Unternehmen und sind von diesen in Eigenregie zu stemmen oder kostenpflichtig an externe Dienstleister auszugliedern.

Sehr positiv ist die Möglichkeit der taggleichen Lieferung im Stadtgebiet - „Same Day Delivery“ - auch für die ganz Grossen des E-Commerce eine Herausforderung.

Wir wünschen den Kolleginnen und Kollegen in Günzburg viel Erfolg und gute Geschäfte.

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Quelle: Deutsche Welle - Screenshot aus Beitrag „Made in Germany. Die Stadt Günzburg gegen Amazon“

Update: …und wieder grüsst die Deutsche Warenhaus AG

2018-06-27 Fusionsgespräche Kaufhof-Karstadt

Quelle: pixabay.com - Abbildungen Public Domain bzw. gemeinfrei nach CC0 1.0 Universell (CC0 1.0) -
Bearbeitung: Michael Borchardt


Köln/Essen, 5.7.2018 - Jetzt wird es also ernst. Die Verhandlungen zwischen René Benko von der österreichischen Signa-Holding und Kaufhof-Eigentümer HBC Hudson’s Bay Company sind in eine entscheidende Phase getreten. 

Wie neben anderen Michael Kläsgen auf Süddeutsche.de berichtet, unterzeichneten beide Seiten am Dienstag ein sog. „Wrapper Agreement“, „die Ummantelung eines 200 Seiten umfassenden Vertragswerks.“ Die neue „Europäische Warenhaus AG“ mit dann rund 37.000 Beschäftigten wird neben den Karstadt- und den GALERIA Kaufhof-Häusern auch Warenhäuser von HBC in Belgien und den Niederlanden umfassen.

Als CEO ist Stephan Fanderl vorgesehen, der Vorstandschef von Karstadt und Signa Retail (Einzelhandelssparte der Signa Holding). Von Kaufhof-Seite wird dann Bernd Beetz dazu stossen - als Aufsichtsratsschef. Erst im Mai 2018 wurde er in den Aufsichtsrat der GALERIA Kaufhof GmbH berufen.

Die andauernde „Due Dilligence-Prüfung“, also die Durchsicht der Bücher der GALERIA Kaufhof GmbH, soll demzufolge bis Ende Juli abgeschlossen sein - spätestens aber im Laufe von vier bis sechs Wochen.

Zu den Details der Übernahme Michael Kläsgen in seinem Artikel „Karstadt steht kurz vor der Übernahme von Galeria Kaufhof“ vom 5.7.2018:

Die Vereinbarung sieht vor, dass Signa für etwa 100 Millionen Euro 51 Prozent des Warenhausgeschäfts von Kaufhof übernimmt, und zwar ohne Bankschulden. Diese sollen in einer Höhe von etwa 200 Millionen Euro aus steuerlichen Gründen von HBC abgedeckt werden. Für eine Summe zwischen 700 und 800 Millionen Euro beteiligt sich Signa darüber hinaus an der Immobilienfirma HBS Global Properties von HBC, der 41 Kaufhof-Immobilien in Deutschland gehören. Handelsimmobilien vor allem in Innenstadtlage sind derzeit extrem begehrt.

Befürchtungen, dass nach der Übernahme durch Karstadt eine zweistellige Zahl von Kaufhaus-Filialen in Deutschland geschlossen werden soll, werden aktuell noch dementiert. Allerdings könnten „drei bis fünf defizitäre Filialen“ ein letztes Mal zusperren.

Überkompensiert werden könnte diese Entwicklung durch die Neueröffnung von (Karstadt-)Filialen - aktuell betreibt René Benkos Signa-Holding 82 davon - dem stehen 96 GALERIA Kaufhof-Häuser entgegen.

Natürlich führte eine für den neuen Konzern sinnvolle Konzentration - bei Verwaltung, IT, und natürlich dem Einkauf - zu enormen Kosteneinsparungen.

Hersteller müssten sich „warm anziehen“ - und wie das Bundeskartellamt dazu urteilen wird, werden wir auch noch sehen müssen.

Was allerdings die Beschäftigten der jetzigen Konzerne angeht - so schnell dürften selbst gewollte Standortschliessungen nicht über die Bühne gehen - laufende Mietverträge helfen hier, ein Debakel zu vermeiden.

Zum jetzigen Zeitpunkt ist also sicherlich noch nicht alles wirklich gut - aber die Richtung stimmt. Karstadt könnte auch im neuen Konzern wieder für Profitabilität sorgen - weil sie verstanden haben, wie der deutsche Einzelhandel tickt.

Update: TENDENCE - stell Dir vor, es ist Herbstmesse und keiner stellt aus?

2018-06-30 TENDENCE


Frankfurt am Main, 5.7.2018 - Nicht immer ist es schön, wenn sich eigene Erwartungen oder Einschätzungen im Nachhinein bestätigen.

Leider trifft das auch auf die diesjährige TENDENCE zu. Sehr übersichtliche Gänge in den Hallen, Rolltreppen zum Torhaus, die Via Mobile - verwaist und immer nur mal wieder sporadisch frequentiert.

In Gesprächen mit Ausstellern konkretisierte sich die Beobachtung: viele Messebesucher, laut Angaben der Messe Frankfurt um die 20.000, verhielten sich nicht anders, als ihre eigenen Kunden bei der klassischen Sonntagsöffnung: „Schauen wir mal, was uns so begegnet. Aber ja nichts einkaufen - das könnte zur Last werden.“

Immer wieder konnte ich beobachten, dass „Fachbesucher“ sich nachgerade einer Kommunikation mit den Ausstellern verweigerten. Eigentlich ist eine Messe ja genau hierfür geschaffen - und Zeit zum Meinungsaustausch an den Ständen wäre jetzt wahrlich genug gewesen.

Die Freude der Aussteller hielt sich denn auch in Grenzen: in den Hallen 11.0 und 9.0 - design- und materialorientiert, viele hochwertige Produkte darunter, wurden die Gesichter bereits am zweiten Messetag lang und länger - und blieben es auch bis zum Abbau am Dienstag. Nicht sehr viel anders sah es auf dem restlichen Areal der Hallen 8 - 11 aus. Dazu der Unmut einiger Aussteller über stark differierende preisliche Offerten der Messe Frankfurt.  

Das Rahmenprogramm konnte hingegen oftmals überzeugen:

  • Concept Store Inspirations
  • EFSA Pavillon
  • FORM 2018
  • impulse.tool (Online-Plattform)
  • Outdoor Living
  • Paper & Friends
  • Talents
  • Tendence Academy
  • Tendence. Impulse
  • Village
  • Special Interest Themen - Spring/Summer 2019 / Small quantitites / Ethical Style

Dazu im FORUM der Messe „Pioneers of Lifestyle“, eine Tagung mit Vorabendprogramm, die sich dezidiert an Hersteller und Händler richtete und neue Wege im Hinblick auf Präsentation, Einkauf, Produktpalette und v.a. Digitalisierung und Social Media aufzeigte und diskutierte.

Gefühlt waren unter den rund 300 Veranstaltungsteilnehmern aber auch nur eine Handvoll Händler zu finden - ansonsten Hersteller, Agenturen, Berater und Journalisten.

Dies schmerzte umso mehr, als die von der Frankfurter Messe vorab vorgestellte, vom Kölner Institut für Handelsforschung IFH durchgeführte Studie „Status Quo - Handel Deutschland“ auf die weiter zunehmende Bedeutung des Online-Handels verwies - zu Lasten des traditionellen stationären Einzelhandels, der weiterhin bundesweit vom Ladensterben betroffen sein wird, falls er nicht sinnvolle Schritte in Richtung Digitalisierung und Kooperation mit anderen Händlern geht.

Immer wieder wurde auf der Messe in Gesprächen auch die Rolle von virtuellen regionalen Marktplätzen betont - eine Erfolg versprechende Möglichkeit, das Business traditioneller Händler zu erweitern und ihnen die Möglichkeit zu geben, einfach und mit anderen sichtbar online zu gehen.

Ungewöhnlich, weil bereits am zweiten Messetag publik geworden, sind die Umgestaltungspläne für die TENDENCE 2019.

In den Hallen 8 - 11 und der dann erstmals nutzbaren neuen Halle 12 wird sich das Messeangebot noch intensiver „an den Bedürfnissen der Einkäufer“, an den unterschiedlichen Handelsformen, Marktsegmenten bzw. Lifestyles der Endverbraucher orientieren. Hierzu sollen vier neue Bereiche kreiert werden, von denen jeder wiederum fünf neue „Dictricts“ umfasst:

  • Adventure
  • Cosy
  • Earth
  • Modern
  • Urban

Alles klar, Herr Kommissar?

Vielleicht hilft Ihnen ja der Erklärfilm der Messe Frankfurt weiter.

Interessant, sich in der Zusammenschau auch nochmal den Abschlussbericht der Messe Frankfurt vom Messedienstag vorzunehmen. Bleiben Sie stark!

+++

Frankfurt am Main, 30.6.2018 - Nein - so drastisch ist es natürlich nicht - 960 Aussteller haben den Weg zum Messegelände noch gefunden. Allerdings ist das Sterben auf Raten  der traditionsreichen Messe nicht zu übersehen. 

Zum zweiten Mal findet die TENDENCE in diesem Jahr bereits Ende Juni statt - langjähriger Stammtermin war das letzte Augustwochenende.

Die Vorverlegung wird auch in diesem Jahr damit begründet, dass Fachgeschäfte so noch Weihnachtsartikel ordern und Kaufhaus- wie Baumarkt-Einkäufer bereits Orders für das kommende Frühjahr plazieren könnten. Wenn’s denn mal so käme!

Da helfen auch sophistische Pirouetten wie jene Philipp Fergers wenig, der auf der traditionellen Pressekonferenz vor Messeeröffnung davon sprach, dass der neuerliche Rückgang der Ausstellerzahl durchaus gewollt sei. Ferger, Bereichsleiter TENDENCE, spielt mit dieser Aussage darauf an, dass es sehr leicht gewesen wäre, zusätzliche Hersteller aus China als Aussteller zu gewinnen. 

Jene hätten dann aber auf der Messe mit den Importeuren ihrer Waren gewetteifert. Sehr verständlich, allerdings stört das auf der bis dato immer noch voll ausgebuchten Frühjahrsmesse AMBIENTE inzwischen auch niemanden mehr - hier bekommen die besagten chinesischen Aussteller, jene aus Indien oder anderen asiatischen Ländern Stände in separaten Hallen zugewiesen. 

Und die vorab genannten Einkäufer für die Grossfläche haben regelmässig die Möglichkeit, direkt auf Messen in Asien zu ordern, die interessanterweise nicht selten von der Messe Frankfurt (mit-)veranstaltet werden.

Wohlverstanden - es geht beileibe nicht ums „TENDENCE-Bashing“ - das verbietet schon der Frankfurter Lokalpatriotismus. 

Aber es müssen über das diesjährige Rahmenprogramm hinaus noch weitere Anstrengungen unternommen werden, um den Turnaround der TENDENCE hinzubekommen. 

Und uninteressant sind die Veranstaltungen auf und um die Messe ja nun wirklich nicht: Academy, Impulse, die Konferenz „Pioneers of Lifestyle“, Concept Stores und die erstmalige Kooperation mit der Gartenmesse GARDIENTE in Hofheim-Wallau - verbunden über einen kostenlosen Shuttle-Service; die Eintrittskarten werden gegenseitig anerkannt. 

Wenn also die These stimmen sollte, dass die Besucher immer weniger Zeit für den Besuch der TENDENCE erübrigen können, warum nicht die letzte Brücke der Operationalisierung schlagen und das Megathema Digitalisierung in noch praxisnäheren Facetten aufzeigen: Warenwirtschaft, E-Commerce-Suites, Dienstleister - eine Messe für mittelständische Händler mit überschaubaren Ressourcen und noch mehr Convenience - vielleicht ein Rettungsanker für die TENDENCE?

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