Mastodon Mastodon RetailWatch - Aktuell | Rückenwind für Ihr Geschäft | RetailConsult.de - Michael Borchardt, Frankfurt am Main

RetailWatch - Aktuell

Update: Jetzt auch für deutsche Amazon-Prime-Kunden - der Dash-Button

Seattle/München, 31.8.2016 - Jetzt ist er doch früher in Deutschland angelangt, als Experten es vermutet haben - der Amazon-Dash-Button. Das Prinzip: Sie benutzen immer das gleiche Haarspray, die gleiche Zahnpasta oder die gleichen Kaffeekapseln (um nur einige FMCG - Fast Moving Consumer Goods zu nennen)? Prima. Sie sind auch Amazon-Prime-Kunde? Noch besser, denn das müssen Sie.

Nach dem Verbinden des batteriebetriebenen Dash-Buttons per Bluetooth mit Ihrem iOS- oder Android-Handy, Einbinden des Dash-Buttons ins heimische WLAN, Verbinden mit der handyseitig-installierten aktuellen Amazon-App und dem Festlegen der One-Klick-Zahlungs- und Lieferkonditionen geht es los: Ein Druck auf den Dash-Knopf - und die Zahnpasta wird geliefert - ohne Versandkosten. Vorab lässt sich die Lieferung aber auch nochmal auf dem Handy kontrollieren, bearbeiten oder stornieren.

Versehentlich mehrfach gedrückt, weil die Kinder es auch mal probieren wollten? Kein Thema, es wird jeweils nur eine Lieferung ausgelöst. 

Sie benutzen mehrere Waschmittel? Welch ein Luxus. Aber auch kein Problem; dann haben Sie für jedes Produkt einen eigenen Dash-Button.

Der Knopf selbst lässt sich per Klebeband oder kleinem Haken befestigen.

Vorteil für Sie - liegt auf der Hand: unkompliziertes Nachbestellen ohne lange Einkaufslisten, bequem - hoher Distinktionsfaktor.

Vorteil für Amazon: direkter Kontakt zu Ihnen ohne Google & Freunde, hübsche Datenmengen bis in den Intimbereich hinein, engere Kundenbindung und die Möglichkeit, über den sog. „Dash Replenishment-Service“ (DRS) vollautomatisches Nachordern anzubieten.

Das funktioniert jedoch nur bei Herstellern, die über diese Schnittstelle in der Lage sind, Verbrauchsmengen genau zu messen (Waschmittel, Toner usw.) - um Sie dadurch ebenfalls enger an sich und ihre Produkte zu binden.

Vorteil für den klassischen Handel: gespasst - leider keiner. Der Umsatz geht „en direct“ zu Amazon.

Der Preis ist heiss? 4,99 Euro - wird aber bei der ersten Bestellung verrechnet.

Alle Fragen offen? Hier gibt’s Anschauungsmaterial von CNN.

Und hier ein Update von Andrea Kurtz zum Preisniveau der Amazon „Dash“-Artikel - sparen geht anders!

Handel in der Rhein-Main-Region … und die im Schatten sieht man nicht?

Frankfurt, 29.8.2016 - Die aktuell in die letzte Runde einbiegende Frankfurter Herbstmesse Tendence lässt uns nach den ersten Tagen und Gesprächen etwas ratlos zurück (Bericht folgt). Und bietet gleichzeitig Anlass, einmal die Situation des lokalen und regionalen Handels rund ums Frankfurter Messegelände zu beleuchten. 

Nicht sehr weit laufen müssen interessierte Messegäste, um z.B. auf der Rückseite der Messehallen das jüngste Frankfurter Einkaufszentrum Skyline Plaza zu besuchen. 

Sie werden ein sehr modernes, aufgeräumt wirkendes und sehr sauberes ECE-Center vorfinden. Sollten sie Beratung wünschen - kein Problem, die Mitarbeiter haben viel Zeit und freuen sich über jeden, der ihre Expertise in Anspruch nimmt. 

Und hier sind wir auch schon beim Kernproblem des Skyline Plaza: Kunden sind rar. 

Ausnahmen sind v.a. rund um die Mittagszeit zu beobachten - Supermarkt, Bäckerei und Apotheke im Erdgeschoss und der Food Court im ersten Obergeschoss sind sehr gut frequentiert - es bilden sich zum Teil lange Schlangen an den einzelnen Spezialitätenimbissen. 

Lässt man sich davon nicht beeindrucken und schaut sich in den angrenzenden Fachgeschäften oder beim Ankermieter Saturn um, ergibt sich ein komplett anderes Bild: viele Händler klagen auch nach drei Jahren über maue Umsätze, mangelnde Frequenz und ein wenig entgegenkommendes Center-Management.

Freilich benötigt ein neues Einkaufszentrum in einer bislang noch nicht vollständig erschlossenen Umgebung wie dem entstehenden Europa-Viertel eine angemessene Anlaufzeit. Diesen langen Atem haben jedoch viele Händler nicht - von Anbeginn gab und gibt es immer wieder Leerstände - auch aktuell betrifft das neun Ladenflächen, wie Petra Kirchhoff am 27.8.2016 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung berichtet. 

Das Center-Management schildert die Entwicklung des Skyline-Plaza in den rosigsten Farben - und widerspricht damit sowohl den Einschätzungen der Händler als auch unseren Beobachtungen. 

Und auch jenen von Dr. Joachim Will, Geschäftsführer der Wiesbadener ecostra GmbH, die sich auf Analysen von Einkaufszentren und Outlet-Centern spezialisiert hat.

Im letzten vorliegenden Ranking aus dem Sommer 2015 (Shoppingcenter Performance Report Deutschland), gemeinsam von ecostra mit der Immobilien-Zeitung und der Fachzeitschrift Textilwirtschaft erstellt, landete das Skyline Plaza mit der Durchschnittsnote 3,96 auf Platz 236. 

Im Gegensatz dazu rangierte das älteste Einkaufszentrum Deutschlands, das Main-Taunus-Zentrum mit der Note 1,72 auf dem bundesweit sechsten Rang (Zahlenangaben vgl. Petra Kirchhoff, a.a.O.).

Immer wieder „vergessen“ Immobilienentwickler und Betreiber von Einkaufszentren, dass Frankfurt inzwischen zwar an die 700.000 Einwohner zählt, diese aber auf einer Stadtfläche konzentriert, die ungefähr jener Bielefelds entspricht - viel mehr Verdichtung geht deutschlandweit kaum. 

In zwei Jahren laufen die ersten Mietverträge im Skyline-Plaza aus - hoffen wir, dass sich das Europa-Viertel bis dahin konsolidiert und die Anrainer das Einkaufszentrum für sich als kompetente und stylische Einkaufslocation entdecken.

Lassen wir uns Main abwärts treiben und blicken auf die Situation in Mainz. 

Das jüngste Einzelhandelsmonitoring der Mainzer Wirtschaftsförderung sorgt sich um hohe Mieten in der Fastnachts-Hochburg. Sie belaufen sich im Erdgeschoss auf 80-120 Euro pro Quadratmeter und Monat - in 1a-Lagen. Der auch daraus resultierende innerstädtische Leerstand trifft aktuell 33 Ladengeschäfte, rund 4 % des untersuchten Bestands im Areal zwischen Grosser Bleiche, Ludwigstrasse, Brandzentrum, Faustrasse und Augustinerstrasse. 

Dazu kommen elf Geschäfte, die wegen Umbau vorübergehend geschlossen sind. Zudem ist der Filialisierungsgrad in den 1a-Lagen mit rd. 84% im Vergleich ähnlicher Innenstädte als hoch einzuschätzen.

Und wieder Main aufwärts zurück in den Frankfurter Osten. 

Hier bringen die Erweiterungspläne für das Frankfurter Hessen-Center im Stadtteil Bergen den Hanauer Bürgermeister Claus Kaminsky auf die Palme. Er befürchtet, dass nach der geplanten Flächenausweitung um 14.000 auf dann 53.000 Quadratmeter die Einkaufsqualität der Hanauer Innenstadt leiden könnte. Zudem verstosse die Ausdehnung gegen den Regionalplan Südhessen und die im Regionalen Flächennutzungsplan festgelegten Ziele der Einzelhandelsentwicklung (vgl. auch Frankfurter Allgemeine Zeitung, „Hanau verlangt Mitsprache“, 27.8.2016, S. 49). 

Die Sorgen Kaminskys sind für Anwohner der Region nachvollziehbar: erst vor einem Jahr hat das neue innerstädtische Einkaufszentrum Forum Hanau eröffnet - als wichtiger Teil der Sanierung des früher ziemlich desolaten Hanauer Innenstadtbereichs. Allerdings ist der Frankfurter Osten und damit auch das inkriminierte Hessen-Center innerhalb einer Viertelstunde über die A66 mit dem Auto von Hanau aus erreichbar.

Kaminskys Haltung wird durch ein Gutachten gestärkt, dass die Stadt Hanau von der internationalen Anwaltskanzlei Allen & Overy erstellen liess. Demnach sei die „Missachtung des interkommunalen Abstimmungsgebots ein schwerer Abwägungsmangel“, wie Kaminsky in einem Schreiben an den neuen Frankfurter Planungsdezernenten Mike Josef betont (a.a.O.). Er verlangt demzufolge die Berücksichtigung der Belange Hanaus bei der Erweiterung des Hessen-Centers.

Es gibt sie immer noch, die guten DingeManufactum - Warenkatalog Nr. 29

Waltrup, 26.8.2016 - Wahrscheinlich hat selten ein Werbemedium soviel Aufsehen erregt und wissenschaftliche Publikationen inspiriert wie der Manufactum-Warenkatalog - und das jetzt bereits seit 1987. Damals umfasste der Katalog rd. 500 Produkte, in der aktuellen Ausgabe sind es 8.500. Darauf weist auch der aktuelle Geschäftsführer der Manufactum-Gruppe, Dr. Christopher Heinemann nicht ohne Stolz im Editorial des aktuellen Katalogs hin. 

Wenn auch die rechtliche Eigenständigkeit Manufactums seit geraumer Zeit aufgegeben wurde - der Gründer Thomas Hoof verkaufte seine restlichen Anteile im Herbst 2007 an die Otto-Gruppe - und der Hamburger Konzern bereits seit Ende der neunziger Jahre über seine Tochter Heine an Manufactum beteiligt war, so steckt doch immer noch sehr viel des ursprünglichen Gründergeistes im Unternehmen - und auch im Warenkatalog.

Thomas Hoof, gelernter Buchhändler und vorübergehend auch mal Landesgeschäftsführer der Grünen in Westfalen, soll einem „on-dit“ zufolge auf der Suche nach einem „vernünftigen“ Küchenmesser gewesen sein - bis er ein ebensolches beim Profi-Lieferanten DICK aus dem schwäbischen Deizisau entdeckte. Und viele andere gute Dinge, die in den vergangenen Jahrzehnten durch die Handelskonzentration und Nachfrageveränderungen vom Markt verschwunden waren und nun in den Manufactum-Katalog Eingang fanden.

Mario Vigl schreibt am 16. Dezember 1994 auf ZEIT online dazu:

„ Die Jury des ‚Internationalen Designpreises des Landes Baden-Württemberg'  zeichnete den Katalog 1993 mit einer Nominierung aus. Begründung: Die Sprache hebe sich angenehm ‚von dem üblichen Werbegeschwätz‘  ab; der Katalog tue mehr für das Designbewußtsein als jeder noch so gut gestaltete Gegenstand: ‚Wohltuend ist hierbei, daß auf jede weltverbesserische Attitüde verzichtet wird.

Auf den ersten Blick stimmt das. Beim genaueren Lesen wird klar: Der Manufactum-Katalog ist ein Wolf im Schafspelz. 

Denn natürlich ist ein Katalog, der die ‚guten Dinge‘  preist, eine Protestschrift gegen die Verschuldung der Welt, gegen Massenware und Plastikschrott, gegen die Wegwerfgesellschaft und gegen die verlorengegangene Liebe zum alltäglichen Werkzeug.“ 

Und es ist nach wie vor ein sinnliches und literarisches Vergnügen zugleich, den wohlgesetzten Formulierungen des Warenkatalogs zu folgen. Mal nüchtern-zurückhaltend, mal mit einem stillen Feuer und dann wieder nachgerade enthusiastisch werden die „guten Dinge“ dem Leser vorgestellt. 

Dass darunter auch hübsche Orchideen ranken und sich entfalten dürfen wie jene auf Seite 100 des aktuellen Katalogs - die BADEWANNE KUPFER - versteht sich fast von selbst: 

„Solche Prachtstücke entstehen, wenn eine tausendjährige Badekultur auf eine ebenso alte, bis heute lebendige Handwerkskultur trifft - und zwar unter Abertausenden Hammerschlägen."

Gut, da mag das texterische Gäulchen etwas durchgegangen sein, aber die Wanne ist halt auch einfach schön.

20160826 Kupferwanne 300dpi

BADEWANNE KUPFER - Quelle: Manufactum-Warenkatalog Nr. 29, S.100

Aber - wo viel Licht, da auch viel Schatten. In der Spiegel-Ausgabe 16/2014 polemisieren die beiden Autoren Georg Diez und Thomas Hüetlin in ihrem Artikel „Es gibt sie noch, die bösen Dinge" heftig über Thomas Hoofs Persönlichkeitsstruktur und Weltanschauung und rücken ihn und einige Veröffentlichungen seines Verlages Manuscriptum dabei in die Nähe von Herrenmenschen und anderen braunen Unbelehrbaren - aber diese Kritik schein, zumindest in ihrer Pauschalität, doch deutlich über’s Ziel hinausgeschossen zu sein. Manufactum seinerseits aber hat auf die öffentlich ausgetragene Kontroverse reagiert - und die Zusammenarbeit mit Hoofs Verlag Manuscriptum beendet.


Blättern Sie doch einfach schon mal online im Katalog.

Schweizer Post testet Lieferroboter

Bern, 23.8.2016 - Manchmal liegen wir bei der Einschätzung unserer südwestlichen Nachbarn ziemlich daneben - also bitte keine Witze mehr über das nächste Berner Schneckenrennen. Technologisch gesehen sind die Eidgenossen nämlich allemal auf der Höhe der technischen Entwicklung - und häufig sogar an deren Spitze. Neuestes Beispiel aus der Versandlogistik gefällig? Bitteschön (auch wenn’s dieses Mal nicht die Schweizer, sondern die Esten erfunden haben).

Lesen Sie dazu die Pressemitteilung der Post CH AG, Bern, vom 23. August 2016 im Originaltext:

„ Post testet selbstfahrende Lieferroboter

Mitteilung vom 23.08.2016

Die Schweizerische Post führt ab September 2016 Tests mit selbstfahrenden Lieferrobotern durch, um deren Eignung für die Warenzustellung auf der letzten Meile zu prüfen. Zum Einsatz kommen dabei Modelle des Herstellers Starship Technologies, die eine Nutzlast von bis zu 10 Kilogramm über eine Distanz von rund 6 Kilometern befördern können. Die Lieferroboter könnten in Zukunft die Zustelllogistik ergänzen und eine Marktlücke füllen, die die Post bisher nicht bedient hat.

Die Schweizerische Post testet ab September 2016 den Lieferroboter als zusätzliche Zustellform, um die Paketzustellung in Zukunft punktuell zu ergänzen. Konkrete Einsatzgebiete sieht die Post bei Spezialsendungen, die flexibel, schnell und günstig in einer lokalen Umgebung ausgeliefert werden müssen. Unter anderem sind Anwendungen denkbar in den Bereichen Same day und Same hour delivery, für Essenslieferungen oder auch bei Hauslieferungen von medizinischen Produkten. Diese Ad-hoc-Logistik auf der letzten Meile wird aktuell durch den Pöstler nicht abgedeckt. Deshalb könnten Lieferroboter künftig eine sinnvolle Erweiterung der Logistikkette der Post darstellen. Abhängig von den Ergebnissen der Tests rechnet die Post mit ersten kommerziellen Einsätzen in frühestens drei Jahren.

Die Lieferroboter fahren auf Gehsteigen und in Fussgängerzonen im Schritttempo, navigieren autonom zu ihrem Ziel und weichen Hindernissen und Gefahrenstellen automatisch aus. Durch die begrenzte Reichweite eignen sich Lieferroboter für Sendungen, die flexibel, schnell und günstig in einer lokalen Umgebung befördert werden müssen. Im Unterschied zu Lieferrobotern bieten Drohnen mit ihrer höheren Reichweite und Geschwindigkeit Vorteile beim Transport von hoch prioritären Sendungen oder für die Belieferung von Menschen, die abgeschieden wohnen. Aufgrund der individuellen Vorteile können die beiden Technologien hervorragend kombiniert werden.

Testfahrten an verschiedenen Standorten

Die Tests der Lieferroboter werden in den Gemeinden Bern, Köniz und Biberist durchgeführt, um Erfahrungen in unterschiedlichen Situationen zu sammeln. Mit den Starship Lieferrobotern kommt dabei ein technologisch weit entwickeltes Produkt zum Einsatz, das gegenwärtig auch durch Unternehmen in Deutschland und in Grossbritannien in verschiedenen Einsatzgebieten getestet wird. Die Navigation erfolgt über eine Mischung aus Ortungssignalen (z.B. GPS) und visueller Erkennung der Umgebung über mehrere Kameras. An heiklen Stellen und bei Unsicherheiten wird ein sogenannter Remote-Operator hinzugeschaltet, um den Paketroboter aus der Distanz zu steuern. Mit jeder Fahrt «lernt» der Paketroboter dazu und steigert dadurch seinen Grad an Autonomie. Auf den Testfahrten werden die Lieferroboter durchgehend von einer Person begleitet und überwacht, damit möglichst viele Informationen zum Betrieb gesammelt werden können."

IKEA kann’s noch - der neue Katalog 2016/2017 ist da

Älmhult/Hofheim-Wallau, 24.8.2016 - Es kribbelt immer noch, ein bisschen so, wie früher beim ersten Durchblättern des druckfrischen Quelle-Katalogs - und heute am ehesten noch bei der Lektüre der alljährlichen Manufactum-Neuerscheinung. 

„What is it? Why does your mind stray?“ - möchte man sich mit Peter Falk in Wim Wenders’ „Der Himmel über Berlin“ fragen - warum ist das Kribbeln immer noch da, wenn man den neuen IKEA-Katalog an einem Tag im Spätsommer aus dem Briefkasten holt, der erste Blick auf’s Cover fällt und man ungeduldig und gleichzeitig gedankenverloren die ersten Seiten aufblättert. Auf der Suche nach…, ja - nach was eigentlich?

Vielleicht verstehen es die die IKEA-Marketing-Kollegen einfach „nur“ zu gut, uns beim Blättern in alten Zeiten schwelgen zu lassen, Erinnerungen ans Kinderparadies mit seinem Bad aus Plastikbällen zu wecken, an die unvermeidlichen Köttbullar im Ikea-Restaurant - klar, mit Tomatensauce, später an die ersten eigenen Möbel - mit Freund oder Freundin ausgesucht, gekauft, in den geliehenen Transporter gehievt und in der WG im 4.Stock Altbau oder der eigenen Wohnung mühsam schwitzend und fluchend aufgebaut. An das Schlangestehen am Service-Schalter, weil die Kommode KLAXEN wieder nur drei Beine hatte, an das selbstproduzierte „Knäckebrot“, als der drei Meter hohe Schlafzimmerschrank BÄNGSTEN beim Aufbau beschloss, blitzschnell wie ein Kartenhaus in sich zusammenzufallen usw. Das ist es sicherlich - aber noch viel mehr.

So hat IKEA immer noch preisgünstige Möbel und Accessoires im Angebot; manchmal sind auch richtige Design-Highlights darunter, wie der Stuhl JANINGE, das Induktionskochfeld TILLREDA, die Koch- und Accessoires-Serie VARDAGEN oder die 365+ KARAFFE. Nicht zu reden von BILLY - dem Regal.

Dann wiederum mögen sich viele Markenhersteller ärgern - und finden ihr ursprüngliches Design in einer - naja, sagen wir - Neuinterpretation im IKEA-Katalog und auf der Fläche wieder.

Trotzdem - IKEA schärft nach wie vor unsere Sinne für gutes Design und klare, skandinavische Formen - gerade dann, wenn mal der eine oder die andere Designerin das letzte Quentchen Formgefühl vermissen lassen. Dann haben wir aber eine Vorstellung davon, wie es noch besser hätte aussehen können.

Aber das IKEA-Katalogkonzept lebt und entwickelt sich auch mit seinen Lesern und Käufern: der Trend zum „Micro-Loft“ bzw. Micro-Appartment ist unübersehbar - sei es bei Kücheneinrichtungen wie SUNNERSTA (Katalogseite 38) oder Wohnvorschlägen wie „Immer auf dem Sprung“ (Katalogseite 114) - für die „Urban Nomads“. Auch die Nutzung multifunktionaler Räume ist in diesem Zusammenhang relevant. 

Viel Neues auch rund um Überlegungen und Konzepte der Katalogmacher. An zahlreichen Stellen des Katalogs stellen IKEA-Verantwortliche ihre Sicht aktueller Wohnkonzepte vor - hier fliessen die Ergebnisse der IKEA-„Life at Home“-Reports ein - sozialwissenschaftliche Studien, die sich mit weltweiten Trends und Wünschen von Konsumenten rund ums Thema „Häusliches Leben“ beschäftigen. Und aus den Erkenntnissen in kürzester Zeit neue Produke kreieren.

Dann wiederum kommen vier europäische Kunden zu Wort und dürfen schildern, was für sie ein Zuhause ausmacht.

IKEA geht sogar soweit, Beispiele des Unternehmens im gesellschaftspolitischen Bereich vorzuführen - hier wird die (vermeintliche) Grenze zwischen Marketing/Vertrieb und PR deutlich überschritten.

Aber vielleicht ist das bei diesem Gesamtkunstwerk ja auch gar nicht mehr so wichtig. Denn ein Bild der IKEA-Produkt- und Geschäftspolitik können sich in Deutschland, Europa und der Welt sehr viele Menschen machen: die 66. Ausgabe des Katalogs hat hierzulande eine Auflage von 30 Millionen Exemplaren; weltweit sind es 211 Millionen.

Hier gibt’s ein „Making Of“ dazu auf YouTube. Wann holen Sie Ihren IKEA-Katalog aus dem Briefkasten?


Aktueller „Life at Home“-Report als PDF zum Herunterladen.

DLF-Serie „Digitalisierung 4.0“ - Bezahlen 4.0 - und die Banken gucken in die Röhre

Köln, 23.8.2016 - Deutschland gilt immer noch als Land der Barzahler - etwas mehr als 50 Prozent der Zahlungsvorgänge werden hierzulande noch in Euro und Cent abgewickelt. „Payment 4.0“ soll das ändern.

Hören Sie die Sendung in der Mediathek des Deutschlandfunks nach.

20160827-zahlungsarten im stationären Handel 300dpi

Quelle: HDE Handelsverband Deutschland / EHI-Studie: Kartengestützte Zahlungssysteme im Einzelhandel 2016

DHL - der Freund in meinem Kofferraum

Bonn, 23.8.2016 - "Es wird ja immer doller“ - so mag es Ihnen spontan durch den Kopf schiessen, wenn Sie diese Artikelüberschrift lesen. Mir ging es ebenso. Die Kollegen der aktuellen Ausgabe „Online Handel 2016“ stellen das spannende neue Logistik-Konzept von DHL und Daimler vor.

Ab Herbst diesen Jahres planen DHL Paket und Daimler den Start eines Pilotprojektes, bei dem Besitzer eines Smart den Kofferraum ihres Autos als mobile Lieferadresse für ihre Paketzustellungen nutzen können. 

Dabei verwenden sowohl der Paketzusteller als auch der Empfänger eine spezielle Smart App. Mit deren Hilfe generiert der Halter des Smart für seine Onlinebestellung eine einmalig gültige TAN (Transaktionsnummer). Bei der Onlinebestellung wird diese ins c/o-Feld des Bestellformulars eingetippt. 

Die Lieferung erfolgt dann durch DHL in einem begrenzten Zeitraum in der Nähe der angegebenen Zustelladresse - mit der einmalig gültigen Kunden-TAN lässt sich der Smart dann öffnen und das Paket im Kofferraum ablegen - evtl. Retouren können auch gleich mitgenommen werden. 

Nach Verschliessen des Smart durch den Zusteller verliert die einmalig gültige TAN ihre Funktion - das Auto ist wieder sicher verriegelt. Selbstverständlich erfährt auch der Empfänger der Sendung direkt auf seinem Handy per Push-Nachricht von der erfolgreichen Zustellung. 

P.S.: Rund 2.750 klassische DHL-Packstationen sind derzeit breit über das Bundesgebiet gestreut und werden aktuell von mehr als fünf Millionen Kunden genutzt. 

Niedrigzinsphase fördert auch in Deutschland Investitionen in Fachmarkt-Zentren

London, 23.8.2016 - In der aktuellen Niedrigzins-Phase sind Investoren laufend auf der Suche nach neuen Assetklassen, sprich Anlagemöglichkeiten. 

Dabei stehen Fachmarkt-Zentren nach Einschätzung der Studie „European Retail Park Development Report“ des Immobiliendienstleisters Cushman & Wakefield ganz oben auf der Einkaufsliste. 

Allein in Deutschland wurden demnach 2015 acht neue Fachmarkt-Zentren mit jeweils mehr als 50.000 Quadratmeter Fläche eröffnet - vom ehemaligen Güterbahnhof im südhessischen Bensheim bis zum Saalbach-Center in Bruchsal. 

Laut Cushman & Wakefield stehen bis Ende des Jahres 2017 weitere 6-8 Zentren vor der Eröffnung - i.d.R. kleinere Projekte; allerdings auch das 26.000 Quadratmeter grosse Zentrum Am Sandloch in Ludwigshafen-Rheingönheim. 

Spezifisch für die deutschen Fachmärkte ist deren starke Ausrichtung auf Lebensmittel(discounter) wie Aldi und Lidl und Drogerieprodukte - sie dienen häufig der Nahversorgung in Gebieten, wo der innerstädtische bzw. siedlungsnahe Handel schon stark ausgedünnt oder umgekehrt in neue Wohngebiete noch gar nicht „eingezogen“ ist. 

Addiert man die Flächen der Fachmarkt-Zentren deutschlandweit, so halten wir mit einem Wert von 8,5 Millionen Quadratmeter einen Anteil von rund 20 Prozent an den westeuropäischen Fachmarkt-Zentren-Flächen (GB ca. 10 Millionen Quadratmeter, Frankreich rund 6 Millionen Quadratmeter) und damit Rang zwei. 

Ruth Vierbuchen, Chefredakteurin des „Handelsimmobilien Report“ in der aktuellen Ausgabe Nr. 228 dazu: 

„ Angesichts der nicht allzu großen Projekt-Pipeline in dieser Kategorie in Deutschland, die auch auf das restriktive Planungsrecht gerade bei großflächigen Handelsimmobilien in peripheren Lagen zurück zu führen ist, könnte das Angebot an neuen Objekten auch künftig knapp bleiben. Die entscheidende Rolle spielen hierzulande deshalb Objekte mit Wertsteigerungspotenzial, zumal die restriktive Genehmigungspraxis den Wert und Schutz dieser Bestandsobjekte erhöht.“

Zudem steigen aber auch die Kundenansprüche in Bezug auf die Qualität der Fachmarkt-Zentren - „Ambiente, Aufenthaltsqualität und Freizeitgestaltung.“ Gesucht werden zudem hochwertige gastronomische Angebote und kostenlose Parkmöglichkeiten - eben ein One-Stop-Shopping. 

Steigt jedoch der allgemeine Qualitätsstandard von Fachmarkt-Zentren, so konkurrieren diese auch stärker mit klassischen Einkaufszentren und innerstädtischen Lagen. In der Folge werden sie auch für Textildiscounter wie C&A, H&M oder Zara interessant. 

Gewährsmann Ruth Vierbuchens für diese Markteinschätzungen ist Martin Supple, EMEA-Out of Town Retail Partner bei Cushman & Wakefield. Er sieht auch gute Chancen für „höherwertige Lebensmittel-Konzepte und Bio-Supermärkte“. Aktuell fänden Investoren und Mieter in Fachmarkt-Zentren noch niedrige Mieten vor - bei flexibler Flächengestaltung und  hervorragender Logistikstruktur. 

Die zitierte Studie sieht aber mit dem Investment in neue Fachmarkt-Zentren auch

 „die Möglichkeit, neue Formate und Konzepte zu testen. Auch Freizeit- und Unterhaltungsanbieter sind als Mieter interessiert. Entsprechend ist die Entwicklungspipeline gut gefüllt und bestehende Retail Parks verzeichnen steigende Frequenz und sinkenden Leerstand.“ 

Deutschlandweit engagiert sich v.a. die Metro Group mit ihrer Tochter MEC Metro ECE Centermanagement in diesem Segment als Investor und Entwickler.


Download des 16-seitigen Reports in englischer Sprache

Deutschland auf dem Weg zum Umtauschparadies

Frankfurt am Main, 22.8.2016 - Erst vor ein paar Tagen kündigte IKEA an, sich auch in Deutschland wieder vom 2014 eingeführten lebenslangen Umtauschrecht verabschieden zu wollen. Die Frist wird ab dem 1. September 2016 365 Tage betragen. 

Ein Anlass, sich mal intensiver mit den Umtauschfristen bei Deutschlands Händlern zu beschäftigen. Denn - eigentlich gilt: Gekauft ist gekauft. 

Klar, es gibt die gesetzliche Gewährleistungsfrist von 6 Monaten ab Kauf, es gibt darüber hinaus Kulanzregelungen einzelner Händler oder Filialisten. 

Aber Umtauschfristen von mehreren Wochen, gar unbefristete Umtauschangebote? 

Handelsblatt Online zitiert hierzu den Handelsexperten Martin Fassnacht, der an der Wirtschaftshochschule WHU lehrt: „Die Händler in Deutschland waren schon immer recht kulant beim Umtausch. Aber durch den Online-Handel ist der Druck, in diesem Bereich kundenfreundlich zu agieren, noch einmal deutlich gewachsen.“ 

Stimmt, laut Fernabsatzgesetz haben die Kunden im Online-Handel die Möglichkeit, gekaufte Waren innerhalb von vierzehn Tagen zurückzugeben (sofern diese nicht individuell angefertigt wurden). Diese Besonderheit des Versandhandels übertragen die Kunden immer häufiger - sich nicht immer der Rechtslage bewusst - auf den Präsenzhandel. 

Der Handelsverband Deutschland (HDE) stellt denn auch fest, dass „eine solche Umtauschmöglichkeit inzwischen ‚häufig selbstverständlich vorausgesetzt und zum Teil selbstbewusst eingefordert‘ wird.“ 

Für Händler stellt das ein Problem für die Planbarkeit des Warenbestands und die Marge dar. 

Noch toller geht es bei den Filialisten und Discountern zu: H&M-, Primark- und KiK-Kunden haben beispielsweise vier Wochen lang die Möglichkeit, Ware umzutauschen; Aldi Nord, Aldi Süd und Lidl nehmen sogar Lebensmittel „zeitlich unbegrenzt und ohne Vorlage des Kassenbons“ zurück. 

Natürlich hat die verlängerte Umtauschfrist auch positive Seiten für die Händler: sie reduziert das Risiko von Fehlkäufen und erleichtert den Kunden die Kaufentscheidung. 

Und die sind mit der Umtauschpraxis des Einzelhandels sehr zufrieden (90 Prozent), wie eine Allensbach-Studie im Auftrag des HDE herausgefunden hat. 

Die Hitliste bei den Umtäuschen führen übrigens Bekleidungs- und Elektroartikel an. Danach teilen sich Heimwerker-Artikel, Möbel und Lebensmittel die Plätze. 

Frauen geben dabei gerne Produkte wegen Nichtgefallens zurück; Männer reklamieren häufiger defekte Produkte. 

So oder so - „(…) langfristig werden die längeren Umtauschfristen zum Standard werden“, so Martin Fassnacht von der WHU.

Tante Emma kehrt zurück auf’s Land - Sindringen und sein „Limescenter"

Sindringen, 21.8.2016 - Manchmal weiss man ja bekanntlich nicht, ob man lachen oder weinen möchte. So ging es mir bei der Geschichte, die Kathrin Holmer von der FASZ heute erzählt. Tante Emma kehrt zurück auf’s Land - in Form eines kleinen Automatenshops. Die gängigsten 230 Artikel des täglichen Bedarfs; teils frisch vom eigenen Hof, teils von weiter her kommend. Vielleicht die Zukunft der Nahversorgung im ländlichen Raum? Lesen Sie selbst. Und das klitzekleine „Limescenter“ hat sogar eine eigene Webseite.

Reuters-Interview mit Zalandos Logistik-Chef David Schröder - „Deutschland ist nicht mehr genug"

Berlin, 21.8.2016 - „Die Welt ist nicht genug“ - so lautete 1999 der Titel des aktuellen James Bond-Films. Gut, soweit ist Europas grösster Online-Modehändler Zalando noch nicht; aber die Richtung stimmt. 

Im Interview, das Caroline Copley und Rene Wagner von der Nachrichtenagentur Reuters mit Zalandos Logistikchef David Schröder führten und am vergangenen Donnerstag veröffentlichten, geht es erst einmal um zwei neue europäische Logistikzentren. Eines in der Nähe des polnischen Stettin und das zweite in der Nähe von Paris. 

Damit werden allein in Polen Investitionen von rd. 150 Millionen Euro fällig - und 1.000 neue Arbeitsplätze geschaffen. 

"Deutschland ist nicht mehr genug" lässt sich Schröder zitieren. "Jetzt ist für uns der richtige Zeitpunkt, um die nächste Evolutionsstufe zu starten und noch stärker auf die lokalen Kundenbedürfnisse einzugehen.“ 

Vom geplanten polnischen Logistikzentrum aus sollen nicht nur die lokalen Kunden sondern auch jene in Skandinavien beliefert werden. Auch deutsche Kunden könnten davon profitieren. Ein bis zwei Tage Einsparung bei der Lieferzeit sind so immerhin drin. Gedacht wird an eine Fläche von rd. 130.000 Quadratmetern - ähnlich dem Logistikzentrum in Erfurt. Betrieben werden soll es zusammen mit einem Partner. 

Ähnliches ist auch für Frankreich in der Pipeline: mit Hilfe des neuen Lagers könnten Kunden in Frankreich deutlich schneller als bislang beliefert werden. Same-Day-Delivery oder zumindest Lieferung innerhalb eines Tages wäre dann im Grossraum Paris kein Wunschtraum mehr. 

Das neue Lager soll v.a. Artikel bevorraten, die in Frankreich gut laufen - der Rest kommt dann weiterhin aus Deutschland. Der Standort werde von einem externen Betreiber organisiert - Zalando investiere eine einstellige Millionensumme. Immerhin soll auch hier eine niedrige dreistellige Zahl an neuen Jobs entstehen. 

Zalando liefert sich mit seinen Wettbewerbern - darunter Amazon - seit geraumer Zeit einen Wettlauf um schnellere Kundenbelieferung. 

Sein erstes Logistikzentrum ausserhalb Deutschlands (hier sind es derzeit vier) eröffnete Zalando denn auch bereits in diesem Jahr im norditalienischen Stradella. 

" ‚Logistik beeinflusst sehr stark die Kundenzufriedenheit‘, sagt(.) Schröder. ‚Lieferzeit, Lieferkosten und Retourenprozess spiel(.)en dabei eine besonders große Rolle.‘ “ 

Und David Schröder abschliessend:

"Die stärkere europäische Ausrichtung unseres Netzwerkes ist eine ganz klare Zukunftsstrategie. (…) Wir werden aller Voraussicht nach weitere Standorte im Ausland sehen. Wenn wir weiter mit 20 bis 25 Prozent beim Umsatz wachsen, werden wir in ein, zwei Jahren weitere Logistikkapazitäten brauchen."

Regionaler Handel geht noch kaum ins Netz - Studie deckt Defizite auf

St. Georgen, 19.8.2016 - „Das lokale Gewerbe muss online für Kunden besser sichtbar sein“, so das Fazit einer repräsentativen Studie unter deutschen Internetnutzern*, die von Yatego Local in Auftrag gegeben wurde. 

Die Yatego GmbH bietet mit ihrem Webangebot Yatego Local auf dessen Website Kunden die Möglichkeit, für aktuell sieben mittelgrosse Einkaufsstädte wie Regensburg, Aschaffenburg oder Fulda schnell und unkompliziert nach Shopping-Möglichkeiten, Restaurants oder auch nach Anbietern allgemeiner Dienstleistungen zu suchen. 

Für teilnehmende Händler gibt es eine Verwaltungsapp für deren Auftritt - leider noch nicht für Nutzer. 

Zurück zu den Ergebnissen der Studie, wie sie das Fachmagazin BusinessHandel vorstellt: Mehr als dreiviertel der deutschen Verbraucher (83 Prozent) möchten schnell vor oder während des Shoppings lokale Anbieter im Internet finden können; der aktuelle Zufriedenheitswert damit liegt jedoch nur bei 25 Prozent. 

Und den Trend des Online-Suchens und Stationär-Einkaufens sollten gerade die betroffenen Händler nach Kräften unterstützen. 

„Bei der Online-Recherche nach stationären Anbietern - seien es Geschäfte, Restaurants, Dienstleister oder Handwerker - wird nur höchstens jeder Zweite auch tatsächlich fündig.“ Und das sei „(v)iel zu wenig“, so der Auftraggeber der Studie, Ben Rodrian, Geschäftsführer von Yatego Local. 

Und Rodrian weiter: "In der heutigen Zeit, in der jeder zu seinem Smartphone greift, wenn er etwas sucht, ist es gerade für die lokalen Anbieter immens wichtig, auch im Netz Profil zu zeigen.“ 

Kunden möchten online v.a. Informationen zu Kontaktmöglichkeiten und Öffnungszeiten recherchieren können, sich über das Preisniveau des Anbieters informieren aber auch Infos zu aktuellen Angeboten und zum verfügbaren Sortiment bekommen. Wenn sich der Anbieter dann auch noch mit hübschen wie informativen Fotos und mit Reservierungs- bzw. Bestellmöglichkeiten hervortut, gibt es für die (potentiellen) Kunden kein Halten mehr.  


* „Für die Studie befragte wurden im Sommer 2016 über 1.600 Internet-Nutzer zu ihren Informations- und Kaufgewohnheiten in ihrer Region.“

Deutscher Online-Bezahldienst Paydirekt holt gegenüber Paypal gaaanz langsam auf

Frankfurt am Main, 18.8.2016 - 2015 gestartet kam der von deutschen Banken und Sparkassen lancierte Online-Bezahldienst Paydirekt bislang lediglich im Schneckentempo voran. 

Klar - im Fokus stand vor einem Jahr und steht auch heute das Angebot einer sicheren Alternative zu PayPal - in Deutschland gehostet. 

Allerdings schafften es die Initiatoren bislang nicht, eine hinreichende Zahl von namhaften Händlern mit ins Boot zu hieven. 

Zum ersten Jubiläum kommen jetzt gleich zwölf neue Adressen hinzu, darunter der Internet-Shop der Deutschen Post, der Modehändler Adler (dessen Zielgruppe sicherlich erst bei den „Silver Surfern“ beginnt), der Optikversand Linsenplatz.de, Bürobedarfs-Händler Drucker.de und der grosse Sanitär-Händler Reuter.de - wie die Deutsche Presse-Agentur dpa berichtet. 

Immerhin verortet Paydirekt-Geschäftsführer Niklas Bartelt bei diesem Dutzend Newcomer einen „jährlichen Gesamtumsatz von 1,3 Milliarden Euro im Online-Handel“. 

Auch die Drogeriekette dm plane den Einstieg - dazu Media Markt und Saturn. 

Realisiert werden solle deren Anbindung bis zum Weihnachtsgeschäft 2016 - Sie erahnen die „Dynamik" des ganzen Vorhabens. 

Vorteil für die deutschen Online-Shopper: über das eigene Girokonto lassen sich Online-Einkäufe bezahlen - per Benutzername und Passwort. Und die Daten bleiben bei der deutschen Hausbank - auf Servern in Deutschland. 

Die Geschichte von Paydirekt ist jetzt gerade mal ein Jahr alt - die erste Zahlung über den Abwickler lief am 17. August 2015; im November wurde das System für die Kundennutzung freigeschaltet. 

Fast möchte man sagen - natürlich - hatten die deutschen Banken und Sparkassen damit das umsatzstarke Weihnachtsgeschäft 2015 verschnarcht - frei nach dem Motto: „Das wäre Ihr Preis gewesen“.

Der Vorsprung des US-amerikanischen Wettbewerbers und Marktführers PayPal ist denn auch gigantisch: seit 2004 in Deutschland aktiv, nutzen 16 Millionen Deutsche dessen Angebot zum Einkauf in über 50.000 Online-Shops. 

Paydirekt aus Deutschland kommt da erst auf 160 Händler - bei 600.000 registrierten Kunden - aber immerhin mit einem wöchentlichen Zuwachs im fünfstelligen Bereich.  

Niklas Bartelt konzentriert sich denn auch aktuell auf die Gewinnung neuer Händler - ab Herbst werden die Endkunden in den Fokus genommen. "Im Weihnachtsgeschäft wollen wir ein bedeutsamer Anbieter sein“, so der Paydirekt-Geschäftsführer gegenüber dpa.

IKEA kassiert die lebenslange Rückgabefrist

Älmhult, 17.8.2016 - Vor zwei Jahren, am 25. August 2014, wurden Kunden und Wettbewerber durch eine IKEA-Aktion so richtig aufgerüttelt: Gekaufte Produkte könnten künftig ohne zeitliches Limit zurückgegeben werden. IKEA-Motto damals: „Wir wollen, dass Du glücklich bist.

Jetzt rudert IKEA zurück. Mit Erscheinen des neuen Katalogs am 1. September 2016 wird das Rückgaberecht auf 365 Tage begrenzt - also ein Jahr. 

Auch künftig müssen keine Gründe für die Reklamation angegeben werden - der Kaufpreis wird komplett erstattet. 

IKEA begründet die Massnahme damit, dass die neue Regelung mit globalen Richtlinien in Einklang stehe und immer noch deutlich über den branchenüblichen Usancen und Zeitbegrenzungen liege. 

Klaus Cholewa, zuständiger Deutschland-Manager für die Kundenzufriedenheit, teilte gegenüber dpa mit, 

„dass unsere Kunden gar keinen Bedarf für eine so lange Frist haben. Weit über 90 Prozent der Kunden, die einen Artikel umtauschen wollen, kommen in den ersten zwei bis drei Monaten nach dem Kauf. Wir müssen daher keine Prozesse für etwas vorhalten, was gar nicht benötigt wird.“ 

Jetzt fragt man sich natürlich, wie der IKEA-Verantwortliche bereits nach zwei Jahren zu solch einer Einsicht gelangt - denn vor August 2014 galt eine Rückgabefrist von lediglich drei Monaten ? Oder bezieht er sich auf Artikel, die vor dem Stichtag im Sommer 2014 gekauft wurden und Kunden nun nicht mehr gefielen ? Das war jedoch nicht Teil der Regelung. 

Zu evtl. Kostenerwägungen wollte Cholewa keine Angaben machen. An der Spitze der Rückgabeartikel liegen nach wie vor Spontankäufe über 10 Euro. Diese landen wieder im regulären Verkaufsregal, bei beschädigten oder fehlenden Verpackungen in den sogenannten Fundgruben der Filialen. Auch wird ein Teil der Ware recycelt oder an soziale Projekte gespendet. 

Was tun?  

Im Zeitraum vom 25. August 2014 bis 31. August 2016 gekaufte Artikel können bis zu eben diesem Stichtag zurückgegeben werden - schauen Sie ruhig mal im Keller oder auf dem Dachboden nach.


P.S.: Inzwischen offerieren jedoch auch andere Händler bzw. Handelsketten verlängerte Produktrückgabefristen. Das geht bis hin zur Möglichkeit, bei Discountern wie Aldi oder Lidl Lebensmittel ohne Gründe und wohl auch ohne Kassenbeleg zurückgeben zu können. Guten Appetit!

Update: Jetzt auch für deutsche Amazon-Prime-Kunden / Einkaufen wie von Geisterhand - Amazon „Dash“ kommt nach Europa

Seattle, 16.8.2016 - Sie müssen jetzt ganz stark sein: es gibt mal wieder was Neues von Amazon. 

„Amazon Dash“ heisst das Angebot und es erinnert schon ein wenig ans Gedankenlesen. 

Was steckt dahinter? Mit den sogenannten „Dash Buttons“ können Amazon-Kunden in den USA bislang schon Bestellungen aufgeben, ohne dass sie mit PC, Tablet oder Handy mit Amazon verbunden sein müssten. 

Hokuspokus? Keineswegs. 

Nehmen wir mal an, Sie lebten in den USA und sind Fan einer bestimmten Waschmittel-Marke. Prima, dann bappen Sie sich doch einfach einen von Amazon zur Verfügung gestellten „Dash Button“ auf Ihre Maschine, verbinden diesen dann mit dem hauseigenen WLAN und Ihrem Amazon-Konto - fertig ist die Laube und bequem bei regelmässigen Nachbestellungen. 

Waschmittel geht zur Neige? Ein Drückerle auf den „Amazon Dash-Button“ und der Paketbote steht kurze Zeit später mit dem neuen Waschmittelpaket vor Ihrer Haustür. 

Klingt einfach und genial? Ist es auch. 

Und jetzt der Sprung über den Atlantik nach Osten. 

Britische Amazon-Kunden können europaweit als erste das neue Angebot nutzen, wie Stefan Meixner auf neuhandeln.de berichtet. Allerdings gilt es in diesem Fall, nicht einen Knopf zum Bestellen zu drücken, sondern einen Stick zu bemühen. 

Dieser Stick - 17 cm lang und ca. 3 cm breit - ist multifunktional: er kann Produktcodes scannen und somit die Ware erkennen oder über ein eingebautes Mikrofon die aufgesprochenen Namen der Artikel speichern und ans Amazon-Konto weiterleiten. 

Anschliessend werden die Produkte im Warenkorb des Amazon-Kontos bereitgestellt. 

„Wer dann später wieder den Online-Shop von Amazon wie gewohnt über seinen PC oder Smartphone besucht, kann die neu vorhandene Einkaufsliste editieren und danach die Bestellung aufgeben.“ 

Somit kann der Amazon Stick seinem US-amerikanischen Vorbild noch nicht ganz das virtuelle Wasser reichen, aber der Weg dorthin ist eingeschlagen - der „Dash-Stick“ ersetzt aktuell den Einkaufszettel. 

„Denn die Zielgruppe für den neuen Service sind solche Kunden, die sich über den kürzlich gestarteten Dienst ‚Amazon Fresh‘ ihre Lebensmittel nach Hause liefern lassen. Diese Kunden sollen den Dash-Stick immer dann nutzen, wenn ihnen wieder ein Produkt für ihren kommenden Wocheneinkauf einfällt. Die Idee: Wenn die Butter im Kühlschrank fast aus ist, sollen Kunden das Produkt genau dann in ihren ‚Amazon Dash‘ sprechen, wenn sie noch vor dem Kühlschrank stehen – damit sie später beim Online-Shopping nicht mehr mühsam darüber nachdenken müssen, welche Produkte sie nun brauchen“,

erläutert Stefan Meixner. 

Eine wunderbare, zeitsparende Einrichtung, die den Online-Umsatz von Lebensmitteln stark pushen dürfte und für die Kunden viel bequemer ist, als sich mühsam auf (verschiedenen) Webseiten im Internet den Einkaufskorb füllen zu müssen. 

Aktuell gelten diese Aussagen für die USA und Grossbritannien. 

„Amazon Fresh“, der Online-Lebensmittelservice, kann z.B. von britischen Amazon „Prime“-Kunden für eine monatliche Pauschale von 6,99 Pfund genutzt werden, darin enthalten die Plazierung beliebig vieler Bestellungen mit einem Mindestwert von je 40 Pfund. 

Lohnt sich also nicht wirklich für ein paar Joghurts und die Müslipackung. 

Schaun wir wie’s anläuft - Amazon Fresh möchte angeblich auch nach Deutschland expandieren; auf den „Dash“ müssen wir dann halt auch noch warten.

Amazon „Locker“ startet in München mit eigener Paketstation

Seattle/München, 15.8.2016 - Mit dem neuen Angebot Amazon „Locker“ ergänzt der Versandhändler nun auch in Deutschland seine Zustelloptionen und tritt damit als direkter Wettbewerber von DHL an. 

Rund 2.750 DHL-Packstationen sind derzeit breit über das Bundesgebiet gestreut und werden aktuell von mehr als fünf Millionen Kunden genutzt. 

An einer Shell-Tankstelle in der Nymphenburger Strasse 57-59 nun also die erste Amazon „Locker“-Station - gelb wie das DHL- und Shell-Logo. 

Sowohl Amazon-Standard- als auch -Premium-Sendungen können über die „Locker“-Station zugestellt werden - die Benachrichtigung findet ähnlich DHL per Mail statt - hierin auch der Abhol- oder alternativ Barcode zum Öffnen der Packstation. 

Anders als bei DHL, wo die Kunden sieben Tage Zeit zur Abholung haben, muss die Sendung bei Amazon „Locker“ bereits nach drei Tagen entnommen sein - sonst wird sie an Amazon retourniert. Das könnte knapp werden. Zudem misst das einzelne „Locker“-Fach lediglich 42 x 35 x 32 cm und streikt ab einem Sendungsgewicht von mehr als 4,5 Kilo. 

Das Nachrichtenmagazin Focus zeigt auf seiner Webseite ein Video zur Münchner Amazon „Locker“-Station.

Und so läuft es in der Praxis

P.S.: Inzwischen ist die Zahl der Münchner Amazon „Locker“-Stationen auf zehn angewachsen - allesamt an Shell-Stationen. Das verrät István Kapitány, Chef des weltweiten Tankstellengeschäfts bei Shell, dem Düsseldorfer „Handelsblatt“. 

Deutschlandweit sei im Anschluss an die Münchner Testphase der gemeinsame Aufbau einer dreistelligen Zahl von Amazon „Locker“-Stationen an Shell-Stationen angedacht. 

Der britisch-niederländische Konzern Shell betreibt allein in Deutschland knapp 2.000 Stationen - weltweit sind es rd. 43.000. 

Kaiser’s-Tengelmann - FASZ sieht Erpressung Gabriels am Werk

Berlin, 14.8.2016 - Das politische Berlin ist noch weitgehend im Sommerloch (bzw. in die Ferien) abgetaucht und macht nur durch gelegentliche Sommerinterviews, Vorwahl-Tourneen oder ähnliche Aktionen wie Kai aus der Kiste auf sich aufmerksam. 

Eine gute Gelegenheit für die (konservative) Presse, sich auch weiterhin an Sigmar Gabriel und dessen aktuell gerichtlich gestoppter Ministerlaubnis zur Genehmigung einer Fusion von Edeka und Kaiser’s-Tengelmann abzuarbeiten. 

Am Wochenende tat dies Rainer Hank, „verantwortlicher Redakteur für ‚Wirtschaft und Geld & Mehr‘ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, FASZ. 

„Was erlauben Gabriel?“ fragt er in seinem Beitrag und sieht den Wirtschaftsminister gar schon als Erpressungsopfer Edekas. Ob Gabriel in seinem Job die Dinge allerdings so schleifen lässt wie einstmals Thomas Strunz in den Augen eines legendären Bayern-Trainers, muss doch arg bezweifelt werden. 

Mit Zuschreibungen wie „Arbeiterführer“ und „Retter von 16.000 Arbeitsplätzen“, der sein Arbeitsplatzargument stets „mit einem Schuss Elendsrhetorik“ garniere, geht es weiter. Wünschen wir den Beschäftigten bei Kaiser’s-Tengelmann jetzt schon, dass Gabriel mit seiner Strategie am Ende durchkommt. 

Wie es mit maximalem Schaden auch anders gehen kann, hatte sein FDP-Vorgänger Philipp Rösler demonstriert. Er verhinderte 2012, dass die „Schlecker-Frauen“ nach der Insolvenz ihres Unternehmens zumindest in einer Auffanggesellschaft weiter qualifiziert wurden - viele von ihnen sind inzwischen auf Hartz IV und werden es Rösler auch im Nachhinein „danken“.

Ernster genommen werden muss allerdings Gabriels vermeintliche Festlegung auf Edeka als übernehmendes Unternehmen und die beiden in diesem Zusammenhang erst sehr spät eingeräumten geheimen Gespräche mit Markus Mosa von Rewe und Karl-Erivan Haub von Kaiser’s-Tengelmann im Dezember 2015. 

Wiederholt bot nämlich auch REWE-Chef Alain Caparros die komplette oder teilweise Übernahme der Kaiser’s-Tengelmann-Märkte an - inklusive einer Zusage der Arbeitsplatzsicherung - und lag damit inhaltlich sogar vor den Wettbewerbern von Edeka. 

Und genau deren Angebot sollte im Rahmen der beiden Geheimgespräche getunt und so inhaltlich an jenes von Rewe angeglichen werden. Rainer Hank vermutet denn auch, dass das ursprüngliche Angebot Rewes in den Augen des Kartellamtes bessere Chancen zur Durchsetzung gehabt hätte, da Rewe im Vergleich zu Edeka der kleinere Marktteilnehmer sei.

Und was den vermeintlichen Erpressungsversuch Gabriels durch Kaiser’s-Tengelmann angeht - Rainer Hank sieht es zusammenfassend so: 

„Nicht ohne Wirkung blieb offenbar der Erpressungsversuch von Tengelmann, man wolle nur und komplett an Edeka verkaufen und an keinen anderen Bieter, sondern im Falle des Scheiterns die eigenen Läden in die Insolvenz schicken. Doch warum lässt Gabriel sich den Erpressungsversuch gefallen? 

Es muss wohl noch mehr hinzugekommen sein. Im Rahmen seiner von Lobbyisten prächtig mit Material gefütterten ‚Geheimgespräche‘ hat Gabriel sich nicht nur mit Käufern und Verkäufern getroffen, sondern auch mit den Gewerkschaften, insbesondere mit Verdi-Chef Frank Bsirske. Vorgeblich ging es darum, die Tarifparteien zu verpflichten, die Garantien zur Jobsicherung vertraglich umzusetzen. (…) 

Doch das hätte Bsirske auch mit Rewe haben können, wenn er gewollt hätte. Während aber Rewe gewerkschaftlich gut organisiert ist, gleicht Edeka einer Wüstenei: ein mickriger gewerkschaftlicher Organisationsgrad, kein Betriebsrat, was auch an der gesellschaftsrechtlichen Verfassung von Edekas ‚selbständigen Kaufleuten‘ liegt.“

Dazu auch...

KaDeWe-Group schliesst Geschäftsjahr 2015/16 mit Verlust ab

Berlin, 10.8.2016 - Die drei Kaufhäuser der KaDeWe-Group, seit Herbst 2013 vom Karstadt-Konzern getrennt, verdienen im Geschäftsjahr 2015/2016 kein Geld. 

Das Berliner KaDeWe, das Hamburger Alsterhaus und Oberpollinger in München werden zum Stichtag 30. September mit einem Fehlbetrag von rd. 7 Millionen Euro abschliessen (wobei sie operativ in der Gewinnzone seien). 

Alles im grünen Bereich, so Miteigentümerin Signa Holding, Wien - die Verluste seien geplant; „(i)m Vorjahr hatte der Reingewinn (Net Profit-Ergebnis) bei minus 8,5 Millionen Euro gelegen“ berichtet das Handelsjournal auf seiner Webseite. 

Die Verluste seien auf hohe Investitionen in die Häuser zurückzuführen, welche die beiden Eigentümer Central Group, Thailand (50,1 Prozent) und Signa (49,9 Prozent) im laufenden Geschäftsjahr tätigen. 

Aus ursprünglich geplanten 8 Millionen Euro sind unterdessen 39,4 Millionen Euro geworden. Davon fliessen 13,6 Millionen ins Altershaus nach Hamburg, 13 Millionen ins KaDeWe und 12,8 Millionen ins Oberpollinger. 

„Der grundlegende Umbau der drei Häuser läuft. Im KaDeWe etwa wird derzeit auf etwa 12.000 Quadratmetern gebaut, es soll in vier Häuser mit eigenständigen Charakteren unterteilt werden. Dafür wollen die Eigentümer im nächsten Geschäftsjahr weitere 20 Millionen Euro in das Berliner Flaggschiff stecken. Weitere 13,3 Millionen Euro sollen daneben ins Oberpollinger und 2,5 Millionen Euro ins Alsterhaus fließen.“

Immerhin in der Summe 75 Millionen Euro innerhalb von zwei Jahren. Da dürfen Lieferanten und „andere Partner“ nicht tatenlos zusehen - ihnen ist von der Führung der KaDeWe-Group nochmals die gleiche Summe abgehandelt worden. 

Ziel der Umbaumassnahmen ist die angestrebte „Markt- und Innovationsführer(schaft) im Premiumsegment der europäischen Departmentstores."

Walmart gegen Amazon - Marc Lore fordert Jeff Bezos heraus

Bentonville (Arkansas), 10.8.2016 - Man sieht sich im Leben ja mindestens zweimal. Das gilt durchaus auch für die beiden Online-Widersacher Marc Lore und Jeff Bezos. Während Jeff Bezos in seiner Funktion als Amazon-Chef weltweit bekannt und im Handel auch gefürchtet ist, muss man beim Namen Marc Lore schon heftig nachdenken. 

Ach ja, da gab es dieses Unternehmen, dass als erstes seiner Art Windeln online vertrieb, Quidsi und die Webseite diapers.com. Das Geschäft mit den gestressten Eltern lief super; die Windeln wurden bis an deren Haustür geliefert. 

Amazon war damals noch auf der Schiene Bücher, CDs und Elektronikprodukte zu verkaufen und interessierte sich nicht für Windeln. In privatem Rahmen plauderte Marc Lore gegenüber Jeff Bezos vom Erfolg seines Windel-Lieferdienstes. Kurze Zeit später entbrannte ein ruinöser Preiswettbewerb zwischen Quidsi und Amazon, den Amazon letztlich für sich entschied. 

2010 verkaufte Marc Lore sein Unternehmen für 550 Millionen Dollar an Amazon und wechselte auch selbst zum Käufer. Zwei Jahre lang lernte er Amazon ganz genau von innen kennen - das wird ihm künftig von grossem Nutzen sein. 

Denn in diesen Tagen verkaufte Lore zum zweiten Mal ein Unternehmen - Jet.com - und dieses Mal an Walmart. 

Jet.com - ein gerade mal ein Jahr altes Startup, das Marc Lore nach seinem Ausscheiden bei Amazon gründete, war Walmart schlanke 3,3 Milliarden Dollar wert. 

Kathrin Werner von der Süddeutschen Zeitung in der Ausgabe vom 10.8.2016 beschreibt das Geschäftsmodell - und Scheitern - von Jet: 

„Bei Jet sollten Kunden gegen eine kleine Mitgliedsgebühr Waren für etwa 15 Prozent niedrigere Preise bestellen können als bei Amazon und anderen Händlern, der Versand war kostenlos. Je mehr die Kunden kauften, desto billiger sollten die einzelnen Produkte sein. 

Lore sammelte für die Idee so viel Geld von Wagniskapitalgebern ein wie kein Neueinsteiger im Online-Handel zuvor. Und Jet wuchs - in einem Jahr gewann Lore 3,6 Millionen Kunden. 

Doch das Geschäftsmodell, nur an der Mitgliedsgebühr zu verdienen, funktionierte nicht, sie schreckte die Kunden ab. Nach drei Monaten gab Lore die Idee auf und knapste doch von jedem Verkauf einen Anteil ab, die Rabatte sanken, die Zahl der Kunden stieg nicht so schnell wie erhofft. 

Auch die Investoren waren nicht mehr so begeistert von Jet, dabei hätte Lore neues Kapital gebraucht. Nach und nach wurde klar, dass er allein den Kampf gegen Amazon wieder verlieren würde.“

Als künftiger Chef sämtlicher Online-Geschäfte von Walmart, des grössten Handelskonzerns der Welt, hat er eine Finanzkraft im Rücken, die Amazons Marktmacht heftig zusetzen könnte.

Übernahme-Poker bei Kaiser’s Tengelmann - BGH soll entscheiden

Berlin, 9.8.2016 - Die Frankfurter Neue Presse wird im Allgemeinen nicht gerade zu den avanciertesten Blättern Deutschlands gezählt. Mit der Überschrift „Gabriel zeigt sein rotes Herz“ publiziert sie heute jedoch einen dpa-Artikel (von Teresa Dapp), der das Gerangel rund um die geplante Fusion von Kaiser’s Tengelmann und Edeka sowie die Rolle des SPD-Wirtschaftsministers dabei auf den Punkt bringt. 

Seit das Bundeskartellamt nämlich diesen Zusammenschluss im Frühjahr aus Wettbewerbsgründen untersagt und Gabriel mit seiner Ministererlaubnis dieses Votum anschliessend überstimmte, tobt eine juristische Auseinandersetzung, die Gabriel allzuoft nicht sehr gut dastehen lässt. 

Dabei sind seine Gründe zur Erteilung der Ausnahmeerlaubnis aller Ehren wert: Er sieht im Falle der geplanten Kaiser’s Tengelmann-Übernahme durch Edeka mindestens 16.000 Arbeitsplätze als gerettet an - im Gegensatz zu einer Übernahme durch die ebenfalls mitbietende Rewe-Gruppe bzw. einem kompletten Unterbleiben der Fusion. 

Das Oberlandesgericht Düsseldorf stoppte per Eilverfahren am 12.7.2016 nach vier Monaten die Umsetzung der Ministererlaubnis, warf dem Minister die Besorgnis um Befangenheit und Geheimgespräche vor und liess keine Rechtsbeschwerde zu. 

Geheimgespräche streitet Gabriel ab und seine Befangenheit beziehe sich auf den Wunsch, Arbeitsplätze zu erhalten. 

Deshalb nun in die nächste juristische Runde: Der Bundeswirtschaftsminister legte am Montag zwei Rechtsmittel gegen den OLG-Beschluss beim BGH ein. Obwohl die rechtlichen Erfolgsaussichten allgemein als gering eingeschätzt werden, hat Gabriel aus seiner Sicht nichts zu verlieren: zum einen lancierte das Wirtschaftsministerium eine Nichtzulassungsbeschwerde und zum anderen eine zulassungsfreie Rechtsbeschwerde. 

Falls der BGH eine der beiden Beschwerden als rechtens einstuft, wird es zu einer Prüfung des OLG-Beschlusses kommen (Zulässigkeit oder Rückverweis). Aber auch im Falle einer Ablehnung steht stünde ja noch am OLG Düsseldorf das Hauptsacheverfahren an: Hierbei könnten nochmals ergänzende Rechtsargumente vorgetragen werden, die ein neues Licht auf das Fusionsvorhaben werfen könnten. Und Gabriel könnte wieder sein „rotes Herz“ zeigen. 

Auch Heribert Prantl von der Süddeutschen Zeitung mahnte am vergangenen Wochenende in einem Kommentar zur Causa „Tengelmann-Edeka“ zur Zurückhaltung; „Tengelmänner und Tengelfrauen (seien, MB) dankbar, wenn die Politik versucht, ihre Arbeitsplätze zu sichern. Richter, die das sabotieren, sind übergriffig.“

So stehe nicht der freie Markt unter Achtung und Schutz des Grundgesetzes, sondern die Würde des Menschen. Freier Markt und Wettbewerb seien wichtig, aber nicht heilig. 

Gerade die bundesrepublikanische soziale Marktwirtschaft habe das Gemeinwohl im Blick - und dazu gehöre auch die Sicherung von Arbeitsplätzen. 

Aus diesem Grund könne Wirtschaftsminister Gabriel auch nicht befangen sein, wie es der „Kartellsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf“ ihm unterstelle. Eine Befangenheit setze schon voraus, dass sich Gabriel durch seine Ministererlaubnis private Vorteile verschaffen würde - das unterstellt jedoch auch kein Kritiker. 

Prantl prononciert dazu: 

„Ein Sozialdemokrat, der nicht im Rahmen der Gesetze und seiner politischen Möglichkeiten versuchen würde, 16 000 Arbeitsplätze in 451 Tengelmann-Einkaufsmärkten zu erhalten, wäre ein verantwortungsloser Nichtsnutz. Man kann sich darüber streiten, ob die Auflagen an Edeka, mit denen er das zu erreichen versucht, Erfolg haben werden; die Richter bezweifeln das; aber das ist ein politischer Streit, kein juristischer. Oberlandesrichter sind keine Oberwirtschaftspolitiker. (…) Es geht um Machtfragen, um das Verhältnis von Justiz und Politik und um Gewaltenteilung. Die Beschlüsse des Kartellgerichts in Sachen Tengelmann sind eine juristische Kriegserklärung dreier Richter nicht nur gegen Minister Gabriel, sondern gegen die Politik als solche. Die Richter wollen das politische Ermessen durch ihr eigenes Ermessen ersetzen; sie wollen die Wirtschaftspolitik juristisch so kontrollieren, dass ihr im konkreten Fall kein Spielraum bleibt. Die Kartellrichter wollen ihr Fach (das Kartellrecht, das marktbeherrschende Fusionen verhindern soll), nicht mit sozialen und sonst angeblich wettbewerbsfremden Gesichtspunkten beschmutzt sehen. Sie agitieren daher gegen das gesetzliche Instrument, das sie für einen Einbruch der Politik ins Recht der Wirtschaft halten: die Ministererlaubnis. Den Kartellrichtern passt die Ministererlaubnis nicht, sie halten diese für systemwidrig. Eigentlich möchten sie den einschlägigen Paragrafen zerreißen; aber das dürfen sie nicht; das darf nur das Bundesverfassungsgericht. Aber statt das Gesetz dort zur Prüfung vorzulegen, zerreißen die Richter ersatzweise den Minister in der Luft. Die Richter machen Politik; das steht ihnen nicht zu.“

Und die Politik der Richter wie der Kartell- bzw. Monopolbehörden steht, so kann man es bei Heribert Prantl herauslesen, ganz klar im Zeichen eines neoliberalen Wirtschaftsverständnisses. Das Urteil zeige in der Konsequenz nicht nur eine Kaltschnäuzigkeit gegenüber dem möglichen Verlust der Arbeitsplätze im Fall einer abgelehnten Fusion, sondern gar eine politische Selbstermächtigung, die als Rechtsinterpretation daherkommt. 

Dagegen wird zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik eine Ministererlaubnis zu einem Zusammenschluss auf das Argument der Arbeitsplatzsicherung gestützt. Denn hiermit verknüpft hat Gabriel die Erlaubnis zur Fusion mit dem Abschluss rechtssicherer Tarifverträge mit einer Laufzeit von mindestens fünf Jahren. Edeka und die zuständige Gewerkschaft ver.di haben ihre „Hausaufgaben" inzwischen erledigt:  Prantl: „Richter sind unabhängig. Das ist gut so. Aber die Kartellrichter in Düsseldorf haben etwas verwechselt: Unabhängigkeit meint nicht Unabhängigkeit vom Gesetz.“


P.S.: Zwischenzeitig zitiert Hendrik Wieduwilt in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 11.8.2016 aus internen Papieren des Bundesarbeitsministeriums (BMAS), die grosse Bedenken gegenüber einer Ministererlaubnis für die Übernahme von Kaiser’s Tengelmann durch Edeka äussern. 

Einerseits sei es nicht möglich, die Belastbarkeit von Betriebsvereinbarungen rechtssicher zu beurteilen; andererseits werfe „(d)ie dem Kaufinteressenten Edeka abverlangte Vereinbarung zur Tarifbindung (…) zudem ‚verfassungsrechtliche Probleme‘ auf.“ 

Diese stützen sich auf die in Artikel 9 des Grundgesetzes garantierte Koalitionsfreiheit. Ursprünglich zum Schutz gewerkschaftlicher Organisation formuliert, schützt er jedoch auch die Freiheit, sich eben nicht gewerkschaftlich zu verbinden („negative Koalitionsfreiheit“). 

Der Einwand gewinnt auch dadurch an Gewicht, als sich der Kartellsenat des OLG Düsseldorf in seiner Entscheidung neben der angeblichen Befangenheit Sigmar Gabriels genau auf diesen Schutz der negativen Vertragsfreiheit beruft. So erschiene Gabriels Ministererlaubnis als Schutzschild zur Sicherung tarifvertraglicher Strukturen. Dies könne aber „kein Gemeinwohlbelang“ sein.

Die der FAZ vorliegenden Dokumente sind nicht öffentlich; „auch Mitbieter bekamen sie zunächst nicht zu sehen.“ 


P.P.S.: Das OLG Düsseldorf wies mittlerweile einen Tatbestandsberichtigungsantrag von Gabriels Ministerium als „unzulässig“ und „unbegründet“ zurück. Mit dem Antrag sollte das OLG eine Reihe von Feststellungen seines Eil-Beschlusses korrigieren.

Sigmar Gabriel wird am 21. September im Wirtschaftsausschuss des Bundestages zu den Fragen der Abgeordneten Stellung nehmen.

Das Hauptsacheverfahren soll nun am 16. November 2016 stattfinden; hier wird über die von den weiteren Kaufinteressenten Rewe, Markant und Norma vorgebrachten Beschwerden gegen die Ministererlaubnis verhandelt.  

Dazu auch... 


Deutschlandfunk „Zur Diskussion“, Sendung vom 10.8.2016: „Edeka, Kaiser’s, Gabriel: Die Fusion als Politik-Falle und Verbrauchergefahr“ - Moderation: Birgid Becker


Übersicht der Sendung „Zur Diskussion" zum Nachlesen

46 Milliarden Euro Umsatz im Jahr - der deutsche Online-Handel boomt

Berlin, 6.8.2016 - Das Portal Netzshopping bietet nicht nur einen bequemen Einstieg ins Online-Shopping - es ist nach Produktkategorien gegliedert - sondern überrascht auch immer wieder mit spannenden Grafiken, die das Geschehen im Internet rund ums Themenfeld E-Commerce beleuchten und auf den Punkt bringen. Mehr dazu...

Smartphone mit eingebautem Supermarkt

Seattle/Berlin/München, 4.8.2016 - In Berlin und seit dem 3. August auch in München liefert Amazon Sendungen innerhalb einer Stunde aus, falls die Amazon-Prime-Kunden diese mit ihrer Smartphone-App „Amazon Prime Now“ bestellt haben. Die Kollegen von Mac & I und der Süddeutschen Zeitung haben die Angebote in beiden Städten getestet.  

Voraussetzung für den Express-Lieferservice ist eine Amazon-Prime-Mitgliedschaft - die kostet per se schon einmal 49,- Euro pro Jahr.

Ausgeliefert wird dann in der Zeit von Montag bis Samstag - jeweils 0 Uhr. Bringen die Kunden länger Geduld auf als eine Stunde, bekommen sie ihre Produkte innerhalb zweier Stunden ohne zusätzliche Versandkosten zugestellt. Für die Lieferung innerhalb einer Stunde erhebt Amazon eine Gebühr von 6,99 Euro - Mindestbestellwert in beiden Fällen 20,- Euro. 

In Berlin hat Amazon hierzu ein Logistikzentrum mitten im alten Westberlin aufgebaut: die Räumlichkeiten eines ehemaligen Elektrofachmarkts am Kurfürstendamm bieten ideale räumliche wie auch örtliche Bedingungen. Die bestellten Waren werden hier in braune Papiertüten verpackt, die mit entsprechendem Barcode und der Kundenadresse versehen sind. Ist eine Sendung komplett, wird sie einem Kurier übergeben, i.d.R. einem Zusteller mit Lastenfahrrad. Unternehmen wie Go oder Interkep bieten diesen Service an. 

Per App am iPhone oder dem Android-Smartphone ist die Bestellung rasch aufgegeben: zahlreiche Kategorien wie Obst und Gemüse, Kühlprodukte, Elektronik, Küchenhelfer u.a. erleichtern die Suche. Wohlgemerkt: obwohl das Prime Now-Angebot mit rd. 15.000 Artikeln sehr umfangreich ist, wird es logistisch strikt getrennt vom regulären Amazon-Sortiment gehalten. 

Im Testzeitraum Anfang Juni, so die Kollegen von Mac & I für Berlin, gab es noch so mache Kinderkrankheit zu beklagen: Produkte waren nicht verfügbar und fehlten dann in den Sendungen, ohne dass ein Hinweis vorab per SMS erfolgte. Probeweise an der Hotline lancierte Beschwerden wurden zuvorkommend aufgenommen, aufgekommene Unmut auch schon mal mit einem 5-Euro-Amazon-Gutschein gedämpft. 

Auch die Bestellung zweier Wasserkästen innerhalb einer Stunde war logistisch nicht ganz von Perfektion gekrönt; der Kurier hatte keine Sackkarre im Auto, fand zuerst das Zustellgebäude nicht und musste anschliessend Tragehilfe durch kräftige Redaktionsmitarbeiter erhalten. 

Aktuell wird auch keine direkt ausdruckbare Rechnung mitgeliefert; man muss diese recht umständlich vom Handy aus drucken oder über das Amazon-Konto. Insgesamt - auch im Vergleich zu Wettbewerbern - konnten die Tester für Berlin aber grünes Licht für den neuen Amazon-Lieferservice geben.

Auch Christian Krügel, Münchner Kollege von der Süddeutschen Zeitung, hat einen ersten Test mit „Amazon Prime Now“ gestartet. 

Hier sind es kleine schwarz-blau lackierte Flitzer und E-Cargo-Räder, die dem etablierten Münchner Einzelhandel künftig zeigen sollen, wo der Bartel den Most holt. Und der darf ruhig aus lokaler oder regionaler Produktion stammen, gleiches gilt für die frischen Semmeln des Münchner Grossbäckers Rischart oder das Joghurt aus den nahen Alpen. 

Die Logistikzentrale hat ihren Sitz in der Hopfenpost an der Arnulfstrasse, früher Zentralpostamt Münchens, immerhin auf einer Fläche von 2.200 Quadratmetern und bahnhofsnah. 60 Mitarbeiter arbeiten hier im Schichtbetrieb von 8 - 23 Uhr.

Die erste Probe aufs Exempel - Kopfhörer und USB-Stick - werden statt in einer Stunde bereits nach 34 Minuten ausgeliefert. Zwar nicht von der vermeintlich äusserst charmanten Anja im blauen „Prime Now“-Kostüm, sondern zwei mittelalten Herrschaften mit pflegeleichter Glatze und „Neigung zum Bauchansatz“. Immerhin: die Enttäuschung wird dadurch etwas gelindert, dass der Kunde den gesamten Liefervorgang auf seinem Handy verfolgen kann - als wandernden violetten Punkt auf dem Münchner Kartenausschnitt. Und wenn es sein muss, darf auch der Pförtner die Sendung in Empfang nehmen.

„Um 9.49 Uhr wird die Bestellung per Handy aufgegeben. Um 9.51 Uhr kommt die Bestätigung per SMS, inklusive Link zum Münchner Stadtplan. Dort blinkt jetzt ein violetter Punkt nahe der Hopfenpost und eine verheißungsvolle Botschaft: ‚Anja ist auf dem Weg zu Ihnen!‘ (…) Und sie ist schnell: Ihr violetter Punkt nähert sich schon nach 15 Minuten flott Steinhausen. Um10.23 Uhr, exakt 34 Minuten nach der Bestellung biegt Anja auf den Vorplatz vor das Verlagshochhaus. Fazit des Tests: 'Amazons Angriff auf den Münchner Einzelhandel könnte gelingen - erst recht, wenn Anja kommt‘."

Die stationären Händler werden das neue Amazon-Angebot sicherlich zu spüren bekommen; die Convenience-Erwartung der Kunden wird einfach perfekt abgebildet; ökologische Bedenken lassen sich durch eine ebensolche Zustellung per E-Cargo-Fahrrad zerstreuen. 

So zitiert ein weiterer SZ-Kollege, Stefan Mayr, den Sprecher des Handelsverbandes Bayern (HBE), Bernd Ohlmann: "Das trifft den stationären Handel schon ins Mark“.

Wolfgang Fischer hingegen, Geschäftsführer der Initiative City-Partner von Unternehmen der Münchner Innenstadt, gibt sich gelassen: Das sei alles eine pure Luftnummer und bringe Amazon v.a. “kostenlose Werbung, um seine Prime-Abos zu verscherbeln" - wenn sich der gute Mann da mal nicht täuscht. 

Sicherlich haben die Geschäfte in der Münchner Innenstadt schon allein aufgrund der phantastischen Touristenfrequenz eine Sonderstellung gegenüber ihren Kollegen in anderen (Gross-)Städten und die Touristen werden sich sicherlich nicht ihres Einkaufserlebnisses berauben lassen - bei den heimischen Konsumenten schaut die Sache gänzlich anders aus.

Amazon plant jedoch schon weiter: in den nächsten Tagen wird „Amazon Locker“ an den Start gehen, eine der DHL-Packstation vergleichbare Möglichkeit, Pakete abzuholen und einzuliefern. Und ein weiterer Anbieter von Paketstationen wird bim Herbst seinen Service lancieren: Parcellock - eine Kooperation der Logistiker DPD, GLS und Hermes - und für sämtliche Paketdienste offen.

Aber eines ist sicher: die Expansion von „Amazon Prime Now“ wird weitergehen - wahrscheinlich ist Frankfurt am Main als nächste Grossstadt dran. Laden Sie sich schon mal die App herunter!

Wer hat Angst vor Amazon?

Seattle/Tübingen, 3.8.2016 - Zugegeben, Jeff Bezos schaut auf diesem koboldhaften Portrait noch sehr jugendlich aus dem Bücherregal. Kein Wunder, denn das Titelbild des TIME-Magazine erschien erstmals am 27. Dezember 1999. 

Damals wurden seine Möglichkeiten und jene des noch jungen Unternehmens Amazon in Europa und speziell in Deutschland stark unterschätzt. Ein Online-Buchhändler aus den USA - wie sollte der dem sich gerade konsolidierenden Buchhandelsmarkt gefährlich werden können? Menschen kaufen Bücher, weil sie diese in der Buchhandlung in die Hand nehmen, darin blättern, den Geruch des Papiers einatmen können usw. Alles längst Schnee von gestern. 

Und beim zweiten Mal, bei der Einführung des E-Books inkl. passender Lesegeräte, wäre es fast nochmal schief gegangen. Erst eine gemeinsame Aktion des deutschen Buchhandels zusammen mit dem Operator Deutsche Telekom konnte verhindern, dass sich Amazons Kindle als Quasi-Standard auf dem Markt etablieren konnte - Tolino, der „deutsche“ E-Book-Reader, hat inzwischen mit 45 Prozent ein paar wenige Punkte mehr Marktanteile als der Amazon-Reader mit 39 Prozent. 

Doch die nächste Revolution steht dem deutschen (Buch-)Handel bevor: die Etablierung eigener Amazon-Läden in den grossen Städten. Für die USA sind nach der Eröffnung des ersten Book-Store in Seattle nach Einschätzung der Fachzeitschrift „Der Handel“ (Ausgabe 7-8/2016, S. 11) in Kürze an die 400 stationäre Geschäfte geplant - und das werden nicht alles Buchläden sein. 

Zwar dementiert Amazon bislang eine Expansion nach Übersee, doch wollen Immobilienfachleute in Berlin verstärkte Suchbemühungen Amazons ausgemacht haben - hier wird spätestens für Mitte 2017 mit der Eröffnung des ersten Amazon-Buchladens gerechnet. 

Christian Riethmüller, Geschäftsführer der Tübinger Buchhandelskette Osiander, tritt als Gewährsmann für diese Spekulationen auf. Zusammen mit Hartmut Falter, dem geschäftsführenden Gesellschafter des Aachener Buchfilialisten Mayersche Buchhandlung, hat er sich im ersten Amazon-Buchladen im Firmensitz in Seattle umgeschaut - und war beeindruckt. 

Rund 6.000 frontal präsentierte Titel (darunter kaum Geschenkartikel) warten in einem Bibliothek-artigen Ambiente auf die Kunden; Amazon nutzt sämtliche Möglichkeiten der digitalen Kundeninformation und der -Ansprache; die zentrale Marketing- und Mittler-Funktion kommt dabei dem Smartphone zu. Und der Servicegrad und die Kundenorientierung seien spitze, so Riethmüller und lässt sich zitieren: 

„Wenn Amazon in Deutschland solche Läden aufmacht, verlieren die ganz schnell ihr schlechtes Image, dass sie Arbeitsplätze vernichten, ihre Leute schlecht behandeln und Steuern woanders zahlen. Die Mitarbeiter in Seattle wirkten so überzeugend, dass Amazon für seinen Onlineshop in Deutschland nicht Besseres tun könnte, als auch hier eigene Läden zu eröffnen.“

Im Gegensatz zu den Kolleginnen und Kollegen in deutschen Buchhandlungen sind die Kundenberater auch ausschliesslich für die Kundenansprache und -beratung da - sie sind von Nebentätigkeiten entlastet. Eine Vorgehensweise, wie sie bereits Apple in den eigenen Stores seit Jahren kultiviert.

Gerrit Heinemann, Handelsexperte von der Hochschule Niederrhein, traut Amazon gar das Potential zu, den stationären Einzelhandel neu zu erfinden. 

Und zwar mit dem Smartstore, der es schaffe, digitale Preisschilder einzuführen, Bezahlfunktionen räumlich zu entkoppeln, das RFID-Potential optimaler zu nutzen, damit Kundenlauf-Analysen zu perfektionieren, kundenspezifische Angebote zu schalten - und das alles wie individuell gewünscht gleichzeitig als SB- oder als Top-Beratungs-Modell. 

Da müssen wir uns als Händler warm anziehen! 

Heinemann sieht bei Amazon eine „Wasserfall-Strategie“ am Werk: Seinem Ziel, weltweit grösster Händler zu werden, kommt Jeff Bezos mit der Eröffnung der ersten Buchläden entgegen - hier will man exzellent werden. Zwei Jahre später folge dann, so Heinemanns Einschätzung, die nächste Stufe mit breiterem Produktsortiment. 

Die Ladenflächen werden sich dabei so um die 500 Quadratmeter bewegen; in Innenstadtlagen sind dann schnell mal pro Monat 150.000 bis 200.000 Miete fällig. Das dürfte Amazon jedoch kaum jucken - das Erfolgspotential erscheint einfach als zu grandios. Und ergänzend zur Innenstadt geht es in die Einkaufszentren - Horrorvorstellung oder Verheissung?

„Wir wollen nicht Amazon sein“ - SZ-Montags-Interview mit Hans-Otto Schrader, CEO der Otto Group, Hamburg

Hamburg, 1.8.2016 - „Wir wollen nicht Amazon sein“ - so betiteln die beiden Interviewer der Süddeutschen Zeitung, Michael Kläsgen und Angelika Slavik, ihr Gespräch mit dem Konzernchef der Hamburger Otto Group, Hans-Otto Schrader (59) - veröffentlicht in der SZ-Ausgabe vom 1. August 2016. Wir fassen das Gespräch für Sie zusammen. 

Als weltumspannender Handels- und Logistikkonzern spielt die Otto Group in der Liga von Amazon, DHL usw.; entsprechend breit gestalten sich Chancen und Risiken für das Unternehmen mit Sitz in Hamburg-Bramfeld. 

Vor ein paar Monaten, so der Einstieg ins Interview, habe Hans-Otto Schrader kollektiv den MitarbeiterInnen im Konzern das „Du“ angeboten - ein ungewöhnlicher Schritt in deutschen Unternehmen. Schrader sieht darin die Chance, hierarchieübergreifend über das „Du“ leichter zum „Wir“ im Unternehmen zu kommen und damit einen umfassenden Kulturwandel einzuleiten. 

Traditionell 

„herrschten mancherorts Bereichsdenken und Wissen-ist-Macht-Haltungen. Das wollen wir auflösen. Wir möchten Erfahrungen und Know-how des Einzelnen stärker vergemeinschaften. Das heißt, besser, länger, aufmerksamer zuhören. Und wir wollen den sogenannten Idioten-Impuls vermeiden: dass Vorgesetzte beim Zuhören schon zu wissen glauben, dass sie es eigentlich besser wissen. Die Kommunikation soll einfacher werden: Es geht nicht mehr nur darum, von unserer Zentrale in Hamburg-Bramfeld eine Botschaft in die Welt zu schicken, sondern einen echten Dialog zu führen“

so Schrader. 

Die Digitalisierung in sämtlichen Wirtschaftsbereichen fordere kontinuierliche Veränderungen im Unternehmen, die über „(e)in bisschen Change-Manegement“ wie in der Vergangenheit deutlich hinausreichen müssten. 

Dabei sollen jedoch gleichzeitig traditionelle Werte wie jene der Verantwortung für die Menschen und die Umwelt beibehalten werden. Konkret seien darunter z.B. die Einhaltung der Tarifbindung sowie der Ursprung der angebotenen Produkte zu fassen. 

Gleichzeitig habe sich die Notwendigkeit durchgesetzt, eine komplett revidierte Angebotspolitik zu fahren: es genüge nicht mehr länger, nur Teile eines Sortiments im Sinne einer Vorauswahl anzubieten - es müsse für die Kunden schon alles gezeigt werden. Deren Kaufverhalten werde nicht zuletzt über soziale Netzwerke gebildet, gefestigt und beeinflusst. 

„Die Kunden werden immer aufgeklärter und klüger, bevor sie sich zum Kauf entscheiden. Sie lassen sich aber auch stärker vom Geschmack anderer beeinflussen. Früher zeigte man seine Einkäufe her, nachdem man gekauft hatte: Guck mal, ich habe was Neues. Heute schicken unsere Kundinnen Selfies aus der Umkleidekabine oder online angebotene Styles via Smartphone und fragen ihre Freundinnen: Steht mir das? Das ändert vieles“,

erläutert Hans-Otto Schrader.

Auf Amazon als grössten Konkurrenten angesprochen, weicht der Otto-CEO aus: nicht die absolut schnelle Lieferzeit sei entscheidend, sondern die zuverlässige, vom Kunden antizipierbare. Im Gegensatz zu Amazon - wie er betont - möchte sein Unternehmen auch im digitalen Geschäft die Kunden persönlich ansprechen, „bei der Auswahl, beim Service und nach dem Kauf.“

Kundenbindung in Schraders Sinne bindet sich an bestimmte Marken - er benennt hier die Billikleidermarke Bonprix oder die Otto-Handelstöchter Mytoys oder Manufactum. Es sei erst in ein paar Jahren absehbar, welcher Ansatz der zielführende sei.

Beim Thema Zustelllogistik ist Hans-Otto Schrader skeptischer als die amerikanischen Wettbewerber. So sieht er in millionenfachen Zustellungen per Drohne keine Option, eher in autonom-fahrenden Fahrzeugen, von denen aus die Drohne nur noch die letzten Meter auf das Zustellgrundstück zurücklegt. Auch werden aktuell bei der Paket-Tochter „Hermes autonom fahrende kleine Roboter“ getestet. 

Auf die Frage, was die Otto Group Positives von Amazon und anderen Wettbewerbern gelernt habe, antwortet Schrader, dass sie gerade dabei seien 

„Leistungspakete zu schnüren, die wie das Prime-Programm von Amazon Kundenbindung erzeugen. Wir haben den Vorteil, solche Dinge in einer unserer vielen Konzerngesellschaften ausprobieren zu können und zu sehen, ob das klappt oder nicht.“

Spannend ist auch Hans-Otto Schraders Auffassung zu den zahlreichen Einzelgesellschaften der Otto Group, aktuell 123. Gerade im zyklischen Modeumfeld sei es gut, den Umsatz einer schwächelnden Marke durch jenen einer anderen aus dem Portfolio ersetzen zu können. 

Aber auch Problemfälle wie Sportscheck oder die Otto Group Russia gehören zum Konzern. Dazu international bekannte Marken wie Crate & Barrel (USA) oder das Inkassounternehmen EOS. 

Die wirtschaftlich guten Zeiten scheinen für die Otto Group jedoch erstmal vorbei zu sein: so halbierte sich seit 2001 beispielsweise der Jahresumsatz auf ca. zwölf Milliarden Euro; 2014/2015 lief erstmals ein Verlust auf. 50% des Umsatzes werden aktuell online erzielt - "Langfristig geht es ums Überleben“ fürchtet Hans-Otto Schrader.

Zum Jahreswechsel gibt er seine Position als CEO der Otto Group (seit 2007) ab und wechselt in den Aufsichtsrat. Gleichzeitig möchte er mit zwei Freunden eine Beratungsfirma gründen und sich zusammen mit seiner Tochter sozial für Flüchtlinge engagieren. 

Karstadt steigt bei dress-for-less ein - Stärkung der Online-Aktivitäten

Wien/Essen/Kelsterbach, 1.8.2016 - Spiegel, Wirtschaftswoche, dpa wie auch regionale und überregionale Zeitungen berichten übereinstimmend, dass die Karstadt-Muttergesellschaft, Signa-Retail mit Sitz in Wien, das seit Juni 2016 insolvente Mode-Outlet dress-for-less übernimmt, eine Online-Plattform mit Sitz im hessischen Kelsterbach. 

Damit dürften auch die rund 260 Arbeitsplätze bei dress-for-less weitgehend gesichert sein. 

Bislang fristen die Online-Aktivitäten der Signa-Retail-Gruppe ein Schattendasein, was sich mit dem Know-how-Einkauf erledigen sollte. Gleichzeitig bekommt Signa-Retail mit dem Deal eine eingespielte Logistik mit einem modernen, zentral gelegenen Lager-Standort in die Hand; ferner soll sich ein grosses Synergiepotential auch bei der Modekompetenz ergeben. 

Die Österreicher drücken aufs Tempo, sie möchten neben den traditionellen Aktivitäten im Warenhaus-Geschäft zügig ihr Online-Angebot professionalisieren und ausbauen. 

Erst im April 2016 hatte Signa die Mehrheit am Sportartikelportal Outfitter erworben. 

Für das laufende Jahr plant der Geschäftsführer von Signa-Retail und Karstadt-Chef Stephan Fanderl einen Internet-Umsatz von zusammen 140 Millionen Euro. 

Bei dress-for-less wird sich organisatorisch an der Spitze nichts ändern: Der bisherige Chef Antonio Gonzalo wird auch weiterhin als Geschäftsführer agieren. 

Das Unternehmen wurde bereits 1999 gegründet - in Internet-Jahren gerechnet also schon ein Oldtimer. 

Regionale Schwerpunkte des in 13 Ländern engagierten Unternehmens sind neben dem deutschen Heimatmarkt Österreich, die Schweiz und die Niederlande. 

Geschäftsmodell ist der Aufkauf von Ware aus Überproduktion, Restbeständen und Überproduktion - also das klassische Outlet - nur eben online. Aktuell umfasst die Produktpalette rund 12.000 Artikel.

Die Zustimmung des Bundeskartellamts und jene der Gläubigerversammlung zur Übernahme von dress-for-less durch Signa-Retail stehen aktuell noch aus.  

Der Zukauf fällt bei Karstadt in eine Phase des Aufbruchs. Fanderl hat einen Expansionskurs eingeschlagen, der nach einer langen Phase der Sanierung, Filialschliessungen und Stellenabbau endlich auch wieder die Eröffnung einer neuen Filiale vorsieht. 

In Berlin soll ein neues Karstadt-Haus in der Tegeler Gorkistrasse entstehen. Hier wird gerade ein mehrjähriges Projekt (Tegel Quartier) zur Stadtreparatur umgesetzt. Die neue Karstadt-Filiale soll am Standort ihrer Vorgängerin entstehen und ab 2018 die Funktion des Ankermieters in der Strasse übernehmen.  

Umbruch im deutschen Buchhandel - Herder übernimmt Thalia

Freiburg / Hagen, 1.8.2016 - Ein klein wenig muss man sich schon die Augen reiben ob der Nachricht: der Freiburger Herder-Verlag steigt bei Thalia ein. 

Moment, das lief vor zwanzig Jahren doch auch schon mal anders herum. 

Richtig, damals verkaufte die Verlegerfamilie Herder ihre Buchhandlungen an die Familie Kreke, welche diese in die Thalia-Filialkette integrierte. Lediglich die Carolus-Buchhandlung in Frankfurt am Main, damals noch in günstiger Lage am Liebfrauenberg, blieb im Besitz von Herder. 

Und nun?

Thalia ist auf dem deutschen Buchmarkt der zweitgrösste Spieler nach Amazon und mit seinen mehr als 280 Buchhandlungen und einem geschätzten Bruttoumsatz von 960 Millionen Euro (lt. Buchreport online, 11.7.2016) in Deutschland, Österreich und der Schweiz zugleich auch Marktführer im Sortimentsbuchhandel des deutschsprachigen Raums. 

Verrückte Welt? Mag sein. Aber die vergangenen Jahre bei Thalia verliefen auch sehr schwankend und hie und da bewegten sich die Kunden in einer Filialwelt, die neben Lego-Figuren, Prinzessin Lillifee-Schlössern, einem breiten Schreibwarensortiment, diversen Notizbuchserien, Saisonartikeln, CDs und DVDs auch ein paar Bücher bereithielt - ins Auge fielen v.a. stapelweise Bestseller. 

Und jetzt soll alles anders werden - weg vom Kleinkaufhaus? 

Schon 2012 trennten sich die Eigentümer der damaligen Douglas Holding von ihrer Mehrheitsbeteiligung und damit auch von Thalia - diese ging an den Investor Advent International. 

Advent zerlegte und verkaufte daraufhin nach bewährter Investorenart die meisten Sparten der ehemaligen Douglas-Holding - nur für Thalia liess sich kein Käufer finden, auch nicht nach mehreren Anläufen. Also entschloss man sich zur Restrukturierung der Filialkette. 

Laut Ranjan Sen, Managing Partner der Advent International, 

„steht ‚Thalia heute, nach erfolgreicher Neuausrichtung, wieder auf wirtschaftlich gesunden Füßen und wächst aus eigener Kraft.‘ Mit den neuen Eigentümern übernehmen nun strategische Partner das Steuer, ‚die neue Impulse setzen können und damit die Marktposition von Thalia weiter stärken werden‘ “ (zitiert nach Buchreport online, 11.7.2016). 

Damit setzt sich der neue Eigentümerkreis (Konsortium) zusammen aus der Verlegerfamilie Herder, der Unternehmerfamilie Kreke als bisherigen massgeblichen Minderheitsgesellschaftern, Leif Göritz (Digitalunternehmer, ebenfalls bereits an Thalia beteiligt) sowie dem Thalia-Vorstandsvorsitzenden Michael Busch als geschäftsführenden Gesellschafter - vorbehaltlich der Zustimmung durch das Bundeskartellamt. 

Verleger Manuel Herder - er führt das Unternehmen seit 1999 in der sechsten Generation - äussert sich lt. Buchreport zum Kauf von Thalia, 

„dass es (Thalia, MB) Trends und Veränderungen im Buchhandel früh erkennen und erfolgreich gestalten kann. Zugleich steht das Unternehmen wie kaum ein anderes für den Erhalt der innerstädtischen Lesekultur, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Die intensiven Gespräche der vergangenen Wochen haben gezeigt, dass wir mit der Familie Kreke und dem Managementteam um Michael Busch die gleichen Werte und langfristige Vision für Thalia teilen.“

Mag sein, aber Herder hat sich in den vergangenen Jahren sehr stark mit Entwicklung und Beteiligungen rund um digitale und audiovisuelle Themen und mobilen Inhalten beschäftigt. 

Leif Göritz und Herder kennen sich bereits aus anderen gemeinsamen Projekten. 

Nach Karriere beim German Centre Bejing und der Boston Consulting Group ist er seit 2013 als Unternehmer und Förderer (Inkubator) digitaler Start-Ups tätig. Parallel dazu wurde er als Beirat in die Geschäftsführung der Herder GmbH berufen. 

Seit vergangenem Jahr leitet er als Geschäftsführer die Smart Mobile Factory GmbH - 2014 von ihm und der Familie Herder gemeinsam übernommen. 

Sind das alles Hinweise auf eine Rückkehr des innerstädtischen Buchhandels? Doch wohl eher auf eine verstärkte Digitalisierung von Leseinhalten. Und was ist mit der Filialgrösse? Kunden möchten inzwischen die Wahl haben zwischen wirklich grossen Buch-/Medienkaufhäusern und übersichtlichen Buchhandlungen, in denen sie sich orientieren können. Und Thalia - liegt ziemlich genau in der Mitte. Es bleibt also spannend im deutschen Buchhandel.

Metro-Tochter „Real“ vor dem Radikalumbau ?

Düsseldorf, 31.7.2016 - „Real“-Grossmärkte entstanden 1992 aus der Zusammenführung von Marktketten wie divi, basar, Continent, esbella und real-kauf. 

Später folgten u.a. Massa, Allkauf oder Kriegbaum - 2006 wurden die deutschen Walmart-Häuser ins Filialnetz integriert. 

Doch die besten Jahre der Metro-Tochter sind lange vorbei - nur wenige Handelsunternehmen werden so mit den wöchentlich verteilten Handzetteln bzw. Prospekten identifiziert wie eben gerade „Real“. 

„Palettenweise Knallerpreise“ - so wirbt der aktuelle „Real“-Prospekt - und es wird jedem Verbraucher klar, worin hier das Einkaufserlebnis besteht - im Preis. 

Aber der Preis allein macht es aktuell eben nicht mehr: selbst Hard-Discounter wie ALDI und LIDL modernisieren ihre Märkte und versuchen, den Kunden neue Einkaufserlebnisse zu bieten. 

Metro baut deshalb an den „Real“-Märkten der Zukunft. In Krefeld-Oppum entsteht im laufenden Betrieb bis November 2016 ein Markt, der prototypisch für die neue „Real“-Erlebniswelt stehen soll. 

Unter dem Projektnamen „Food-Lover“ wird den Kunden hier alles nur überhaupt mögliche aus dem kulinarisch-gastronomischen Olymp serviert und auch ebenso angemessen präsentiert. 

„An Pizza- und Pastaständen, Sushi- und Burgerstationen wird es Spezialitäten geben. Auch eine Weinlounge, eine Kaffeerösterei und eine gläserne Vollbäckerei sollen in Krefeld Einzug halten“

so Henryk Hielscher in der Wirtschaftswoche. 

Das kostet: schätzungsweise zehn Millionen Euro für die 11.500 qm der Pilotfiliale.

Ziemlich radikal, das Umsteuern. Aber es trifft mutmasslich die Kundenwünsche auf den Punkt. Selbst im Discount-Warenhaus muss es besondere Einkaufserlebnisse geben - und das Thema „Essen und Trinken“ zieht immer noch. Vom Umbau zu „Food-Lover“-Häusern könnten rd. die Hälfte der bislang 283 „Real“-Häuser profitieren; allein 2017 weitere acht. 

Ein ziemlicher Batzen, den die Metro als Mutterkonzern da in die Hand nehmen muss. Und einen neuen Namen könnte sie sich auch für die umgebauten „Real“-Filialen vorstellen. Gute Frage, wie dann die restlichen Häuser vom neuen Pep profitieren könnten? 

Egal wie, eine operative Marge von zuletzt 1,14 Prozent bei einem Umsatz von 7,7 Milliarden Euro erscheint der METRO künftig nicht weiter tragbar; seit nunmehr einer Dekade halten denn auch die Verkaufsgerüchte rund um „Real“ an. 

Mit der zuständigen Handelsgewerkschaft ver.di wurde zwischenzeitig ein Sanierungstarifvertrag abgeschlossen. Motto: tausche sinkende Personalkosten gegen Investition von einer Milliarde Euro. 

Aber was genau verstehen die „Real“-Chefs Henning Gieseke und Patrick Müller-Sarmiento unter dem neuen „Food-Lover“-Konzept? 

Gar nicht so schwer. DIe Kunden sollen die „Real“-Märkte (oder wie die umgebauten Häuser dann auch heissen werden) gezielt aufsuchen, um… frische, gesunde, direkt vor Ort zubereitete Gerichte in einer spannenden, inspirierenden Umgebung einzukaufen bzw. direkt vor Ort erleben und verspeisen zu können. 

Gut und gesund für die Kunden - und gut für „Real“ und dessen Wertschöpfung: zubereitete Speisen ermöglichen eine grössere Gewinnspanne als die reinen Zutaten. 

Die klassischen, preisbewussten „Real“-Kunden möchte man jedoch nicht verschrecken - ihnen wird bei vielen Artikeln ein noch attraktiverer Preis im Vergleich zu heute versprochen. 

Kann das Tanzen auf zwei Hochzeiten gelingen? Naja, im rein physischen Sinn natürlich nicht - aber im kaufmännischen schon. 

Einzelne Wettbewerber wie ausgewählte EDEKA-Märkte oder das Handelskonzept EATALY in der Münchner Schrannenhalle (entstanden 2004 im italienischen Alba) sind Vorreiter des neuen Genusskonzepts auf der Handelsfläche. 

„Einmal hin. Alles drin“ - wirbt „Real“ aktuell - und muss die Kunden kaum enttäuschen - mit rund 80.000 Artikeln für’s Warenangebot eines mittleren Einkaufszentrums reicht es allemal. Und künftig?

© 2016-2024 RetailConsult.de - Michael Borchardt, Pfeiferstrasse 7, D-60431 Frankfurt am Main  - michael.borchardt@retailconsult.de