Mastodon Mastodon „Ich bin dann mal weg“ - Der letzte OTTO-Katalog geht in Druck | Rückenwind für Ihr Geschäft | RetailConsult.de - Michael Borchardt, Frankfurt am Main

„Ich bin dann mal weg“ - Der letzte OTTO-Katalog geht in Druck


2018-11-24 Titel Erster und letzter OTTO-Katalog

Quelle: Otto (GmbH & Co. KG), Hamburg - Titel der ersten und letzten Ausgabe des OTTO-Katalogs


Hamburg, 24.11.2018 - OTTO-Versand…Hamburg! Die Älteren unter Ihnen werden sich sicher an diesen Ohrwurm aus der damaligen Radio- und Fernsehwerbung erinnern und die noch Betagteren vielleicht daran, wie sie leicht zitternd vor Aufregung und Verheissung die erste Ausgabe des OTTO-Katalogs aus dem Jahr 1950 in Händen hielten - eine Rarität, handgebunden, Auflage 300 Stück. 

Einkaufen per Katalog, die Ware nicht vorher anfassen und einschätzen können? Damals eine völlig absurde Vorstellung. Fast genau so gut hätte man den Menschen die Zukunftsvision einer Welt mit Internet näherbringen wollen. Dabei ging es zu jener Zeit „nur" um die Bestellmöglichkeiten per Postkarte/Brief, Telefon oder beim OTTO-Händler um die Ecke (ja, auch so etwas gab es) - und das Fax war noch nicht erfunden.

Nicht zu vergessen - auch ein Stück deutsch-deutscher Geschichte geht mit dem Ende des OTTO-Katalogs zu Ende: auch im „real existierenden Sozialismus“ erfreute sich der OTTO-Katalog allergrösster Beliebtheit, führte er doch die Produktvielfalt des vermeintlichen Paradieses unbegrenzter Konsummöglichkeiten sinnhaft vor Augen.

Die Website des Hamburger Unternehmens dazu - Ohne OTTO-Katalog in die Zukunft:

„Seinen Anfang hat der Pioniergeist des Unternehmens 1950 gefunden. Mit dem ersten handgebundenen Katalog Werner Ottos. Achtundzwanzig Paar Schuhe auf vierzehn Seiten. Insgesamt dreihundert Haushalte erreichte das Werbewerk damals. Schnell interessierten sich mehr und mehr Menschen für die Bestellung per Katalog. Das Angebot wuchs - von Möbel, über Mode und Technik - die Auflagen und Seitenzahlen stiegen auch. Zu Spitzenzeiten war der OTTO-Katalog über 1000 Seiten stark – mehr als 70 Mal so dick wie zu Beginn der Unternehmung. Top-Models wie Claudia Schiffer, Heidi Klum oder Gisele Bündchen, Ikonen ihrer Zeit, schmückten das Cover der gewichtigen Drucksache. Jetzt ist Schluss damit.“

Freilich ist die Einstellung des OTTO-Katalogs nur folgerichtig, denn nach Aussage von Marc Opelt, Vorsitzender des OTTO-Bereichsvorstandes und verantwortlich für den Bereich Marketing, werden inzwischen rund 95 Prozent des Umsatzes online erwirtschaftet, davon annähernd die Hälfte via Mobile Devices.

Und - nicht immer kommen die aktuellen Handelstechnologien aus Kalifornien oder Japan, wie der OTTO-Website ebenfalls zu entnehmen ist:

„OTTO blickt nach vorn. In die Zukunft des E-Commerce. Ganz so, wie der Pioniergeist des Unternehmens es schon immer getan hat. Der Fokus liegt auf Themen rund um Smart Home, Künstliche Intelligenz und Machine Learning. Dafür investiert OTTO Millionen in neue Technologien, wie Computer Generated Imagery. Probiert sich an Beratungsformaten, wie Augmented Reality Apps, und arbeitet an zukünftigen Einkaufswegen, wie Voice Commerce. Weg von dem einen großen Ding, das alle Interessen aller Kunden bündelt, hin zu speziellen Angeboten. Dank intelligenter digitaler Mechanismen im Hintergrund, aber auch hier mit dem einen großen Ziel: das individuelle Einkaufserlebnis der Kunden kontinuierlich zu verbessern - weil jeder einzelne Kunde zählt.“

Zudem hat OTTO längst den Weg des Anbieters einer Handelsplattform eingeschlagen, die zahlreiche Händler bereits erfolgreich für sich nutzen. So summiert sich die Zahl der verfügbaren Produkte auf mehr als 2 Millionen; jeder Händler muss dabei mindestens 300 Produkte auf der Plattform anbieten.

Die jüngere, digitalaffine Kundschaft muss allerdings erst noch von den Vorzügen der neuen OTTO-Welt überzeugt werden - hier liegt der Klick bei den üblichen Verdächtigen wie Amazon, Zalando oder eBay einfach näher.

Nach Angaben des Hamburger Handelsunternehmens wird die letzte Ausgabe des OTTO-Katalogs am 4. Dezember 2018 erscheinen. Ich war wohl zu spät mit meiner Bestellung - aber sicherlich wird es einen Sekundärmarkt für das Abschiedsexemplar geben.

Kommentar von Jan Drees, Literaturredakteur beim Deutschlandfunk - 22.11.2018

HR2 - Der Tag: Otto, mon Amour - Ein Katalog wird zur Geschichte - 3.12.2018

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